Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellt sich am Mittwoch erstmals seit Amtsantritt den Fragen der Abgeordneten im Plenum des Bundestags. Die Kanzlerbefragung ist seit 2019 ein parlamentarisches Ritual, das in der Regel drei Mal im Jahr stattfindet: vor Ostern, vor der Sommerpause und vor Weihnachten. Scholz weicht von dieser Terminvorgabe ab, weil er gleich zu Beginn seiner Kanzlerschaft Rede und Antwort stehen will – aus Respekt vor dem Parlament.
Die regelmäßige Kanzlerbefragung war im Februar 2019 durch eine Änderung der Bundestags-Geschäftsordnung eingeführt worden – genau genommen war es damals natürlich eine Kanzlerinnenbefragung. Zuvor war es üblich, dass sich jeweils eine Ministerin oder ein Minister am Mittwoch für eine Stunde den Fragen der Abgeordneten stellte. Mit der Befragung der Kanzlerin oder des Kanzlers wollten die Fraktionen der Fragestunde zu mehr Aufmerksamkeit und Attraktivität verhelfen.
Wie attraktiv die Veranstaltung dann tatsächlich ist, hängt – so zeigten es die Befragungen der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) – nicht unerheblich von der Qualität der Fragen ab, die sich die Abgeordneten einfallen lassen. In der Praxis hatte sich gezeigt, dass der eine oder die andere Abgeordnete das Fragerecht gern auch für eigene ausführliche Redebeiträge nutzte, anstatt die Kanzlerin zu Wort kommen zu lassen.
Thematisch gibt es keine Vorgaben – die Abgeordneten können fragen, was sie wollen. Der Kanzler beginnt die Runde mit einem Kurzvortrag zu einem Thema eigener Wahl.
Den Anstoß für die regelmäßige Kanzlerbefragung im Bundestag hatten Union und SPD bei der Bildung der großen Koalition 2018 gegeben – ein entsprechendes Vorhaben hielten sie damals in ihrem Koalitionsvertrag fest. Im Juni 2018 stellte sich Merkel dann erstmals den Fragen im Plenum. Die Geschäftsordnung wurde wenige Monate später geändert, um das Format dauerhaft zu etablieren.