Der Arbeitsmarkt in Deutschland hat fast wieder das Niveau von vor der Corona-Pandemie erreicht. Im Januar waren 2,462 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos und damit nur noch 37.000 mehr als im Januar 2020, wie die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag mitteilte. Die Arbeitslosigkeit im Bereich der Arbeitslosenversicherung hat sogar schon die Corona-Folgen bewältigt – Probleme bereitet weiter die Langzeitarbeitslosigkeit.
Zu Jahresbeginn ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit üblich, da etwa in vielen Außenberufen wegen der Witterung nur eingeschränkt gearbeitet wird. Der Anstieg fiel mit 133.000 Arbeitslosen aber historisch niedrig aus. BA-Vorstandsmitglied Daniel Terzenbach sagte, es sei statistisch der geringste je in einem Januar gemessene Anstieg gewesen.
Terzenbach sagte, „der Arbeitsmarkt ist gut in das Jahr 2022 gestartet.“ Gegenüber dem Januar 2021 lag die Arbeitslosenzahl demnach sogar um 439.000 niedriger. Die Arbeitslosenquote stieg verglichen mit dem Dezember um 0,3 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent.
Auch die Aussichten für Jobsuchende sind wieder so gut wie vor Corona. „Die Arbeitgeber melden wieder so viele Stellen wie vor der Pandemie“, sagte Terzenbach. Der Bestand an gemeldeten Stellen sei auch deshalb so hoch, weil Fachkräfte rar seien. Auch die Omikron-Welle habe der Arbeitsmarkt bisher gut verkraftet – allerdings stiegen zuletzt vor allem im Bereich des Hotel- und Gastgewerbes und in der Gastronomie die Meldungen von Kurzarbeit.
Terzenbach erklärte die positive Entwicklung am deutschen Arbeitsmarkt auch am Beispiel der unterschiedlichen Leistungen für Arbeitslose. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung, die näher am Arbeitsmarkt sei, „hat Corona schon quantitativ keine Auswirkungen mehr, da sind wir schon auf dem Niveau von vor Corona.“ Dagegen habe sich im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit, von der oft gering Qualifizierte betroffen sind, der Sockel von 700.000 Langzeitarbeitslosen auf jetzt eine Million erhöht. Hier seien verstärkte Anstrengungen etwa durch Qualifizierung nötig.
Einen dringenden Appell richtete der BA-Vorstand an Arbeitgeber und junge Menschen, die mit der Corona-Pandemie stark zurückgefahrenen Praktika wieder zu aktivieren. Junge Menschen müssten Erfahrungen machen, was sie können und was sie nicht können – das helfe auch dabei, Ausbildungs- und Studienabbrüche zu reduzieren. „Bieten Sie Praktika an“, sagte der BA-Vorstand in Richtung Arbeitgeber.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will derweil die Regeln zum vereinfachten Zugang zur Kurzarbeit verlängern. „Die besonders hart getroffenen Branchen, etwa im Veranstaltungs- und Gastronomiebereich, sind auf eine Verlängerung der Regelungen zum vereinfachten Zugang der Kurzarbeit angewiesen“, sagte Heil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland . Deshalb werde diese „beschäftigungssicherende Brücke“ bis zum 30. Juni verlängert, dies gebe den Unternehmen und Beschäftigten Planungssicherheit.
Beim vereinfachten Zugang zum Kurzarbeitergeld reicht es aus, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigen eines Unternehmens von Arbeitsausfall betroffen sind. Sonst muss es mindestens ein Drittel sein. Beschäftigte müssen bei einer Verlängerung der Regelung auch weiterhin keine Minusstunden aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld bezahlt werden kann. Ohne Verlängerung würden die Regeln dem Bericht zufolge Ende März auslaufen.
Die Arbeitsmarktexpertin der Linken, Jessica Tatti, nannte die Zahlen der Bundesagentur unvollständig. Tatsächlich würden coronabedingte Jobverluste von Minijobbern, Solo-Selbständigen in der Gastronomie, im Veranstaltungsgewerbe oder in Kunst und Kultur nicht mitgezählt. „Ohne statistische Tricks sind derzeit tatsächlich 3,2 Millionen Menschen arbeitslos“, erklärte Tatti.
Auch das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln verwies auf einen massiven Abbau von Minijobs. Im November vergangenen Jahres habe es fast 400.000 ausschließlich geringfügig Beschäftigte weniger gegeben als im November 2019. Es sei fraglich, ob die Zahl jemals wieder auf den Vorkrisenstand zurückkehre.