Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hält das diesjährige Treffen für die „wahrscheinlich wichtigste Konferenz“ in den 14 Jahren unter seiner Leitung. Es habe „noch nie so viele drängende und wirklich gefährliche Krisen auf einmal zu besprechen“ und zu bewältigen gegeben, sagte Ischinger am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“ vor dem Beginn der 58. Münchner Sicherheitskonferenz.
Als „sehr, sehr weit hergeholt“ bezeichnete Ischinger den derzeit von Russland geäußerten „Vorwurf über das Gefühl einer Bedrohung“ durch eine mögliche künftige Nato-Mitgliedschaft der Ukraine. „Das ist eigentlich fast absurd, weil die Nato seit 2004 (…) keinen einzigen Schritt mehr unternommen hat in Richtung Osterweiterung“, sagte Ischinger. Es müsse gefragt werden, warum Russland diese Frage jetzt so hoch hänge.
„Die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine steht nicht zur Debatte“, sagte Ischinger mit Verweis auf entsprechende Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Da stecke „natürlich was viel Tieferes dahinter“, sagte Ischinger: Dies sei „der russische Wunsch, eine Situation wieder herzustellen, in der die russische Föderation von Ländern umgeben ist, die Russland untergeordnet sind, die also verzichten sollen auf ihre völlige Selbstständigkeit und Souveränität“. In der derzeitigen Lage sei es „wirklich umgekehrt, niemand bedroht Russland“.
Zur Münchner Sicherheitskonferenz angekündigt haben sich unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), US-Vizepräsidentin Kamala Harris und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) trifft unter anderem auf ihren US-Kollegen Antony Blinken und berät am Rande der Konferenz mit den G7-Außenministern über die Spannungen mit Russland.
Während der Kreml nicht vertreten ist, wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag über die „Ukraine und die Europäische Sicherheitsarchitektur“ sprechen.
Ischinger leitet die Konferenz zum letzten Mal, ab kommendem Jahr übernimmt Christoph Heusgen, der ehemalige Vertreter Deutschlands bei der UNO, den Vorsitz.
Wegen der Corona-Pandemie findet die Veranstaltung in abgespeckter Form statt. Die Zahl der Teilnehmer beläuft sich auf rund 500 – im Vergleich zu weit über 1000 in den Vor-Pandemie-Jahren.