Der UN-Sicherheitsrat wird eine weitere Dringlichkeitssitzung zur Krise zwischen Russland und der Ukraine abhalten. Das von der Ukraine geforderte Treffen ist für Mittwochabend, 21.30 Uhr Ortszeit in New York (Donnerstag, 03.30 Uhr MEZ), angesetzt, wie es aus diplomatischen Kreisen hieß. In einem Schreiben, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag, betonte der ukrainische Botschafter Sergej Kyslyzja die „unmittelbare Bedrohung durch eine russische Offensive“.
Der Diplomat forderte, dass die Ukraine bei dem Treffen vertreten ist, und wünschte sich außerdem eine Darstellung der Lage durch den UN-Generalsekretär António Guterres.
Wie das letzte Treffen am Montag wird auch dieses Treffen von Russland geleitet, das im Februar den Vorsitz des Sicherheitsrats innehat. Der Brief von Kyslyzja ist an seinen russischen Kollegen Wassili Nebensia gerichtet.
Seit der letzten Dringlichkeitssitzung hat sich die Lage deutlich zugespitzt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte laut einer in der Nacht zum Donnerstag veröffentlichten Ansprache vergeblich das Gespräch mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin gesucht. An der ukrainischen Grenze „sind fast 200.000 Soldaten positioniert, Tausende von Kampffahrzeugen“, sagte er mit Verweis auf die russischen Truppen. „Russland könnte in Kürze einen großen Krieg in Europa beginnen“, warnte er.
Zuvor hatte der Kreml erklärt, die Separatisten in der Ostukraine hätten Russland um „Hilfe“ bei „der Zurückschlagung der Aggression“ der ukrainischen Armee gebeten. Russland hatte in dieser Woche Freundschaftsverträge mit den selbsterklärten Volksrepubliken der pro-russischen Separatisten in der Ostukraine geschlossen. Diese sehen auch Beistandsgarantien im Falle von Angriffen vor.
Das Parlament in Kiew hatte indessen einen landesweiten Ausnahmezustand beschlossen. Das ukrainische Militär ordnete die Mobilisierung von Reservisten an.
Die USA und die EU erließen Sanktionen gegen die Separatisten sowie russische Regierungsvertreter und schränkten den Zugang Russlands zu den Finanzmärkten ein.
Indessen wollen die USA und Albanien dem Sicherheitsrat bald einen Resolutionsentwurf vorlegen, um Russland für sein jüngstes Vorgehen in der Ukraine zu verurteilen. „Er ist fast fertig“, sagte ein europäischer Diplomat der AFP. „Ich hoffe, dass wir in den nächsten Stunden oder Tagen zum Handeln übergehen können.“ Eine weitere Diplomatin hoffte auf ein günstiges „Momentum“ für die Resolution.
Ein Entwurf der Resolution, der AFP vorliegt, sieht vor, dass der Sicherheitsrat die Entscheidung Russlands, zwei abtrünnige Regionen in der Ukraine als unabhängig anzuerkennen, offiziell verurteilt. Der Beschluss würde auch das „Engagement des Rates für die Souveränität (und) Unabhängigkeit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen“ bekräftigen.
Die Resolution wird zunächst dem 15-köpfigen Rat vorgelegt, wo sie mit Sicherheit an Russlands Vetomacht scheitern wird. Anschließend könnte sie der UN-Vollversammlung vorgelegt werden, in der kein Land ein Veto einlegen kann. Resolutionen der Vollversammlung sind allerdings nicht bindend. „Das Ziel ist es, die größtmögliche Mehrheit zu erreichen“, so der europäische Diplomat.
Ähnliches hatte sich bereits nach der Annexion der Krim durch Russland 2014 abgespielt. Im Sicherheitsrat hatte sich China enthalten, die dreizehn übrigen Mitglieder stimmten für die Resolution. Russland legte ein Veto ein. Die Resolution wurde dann der Generalversammlung vorgelegt, wo sie mit 100 zu 11 Stimmen angenommen wurde. Ein UN-Botschafter, der derzeit im Sicherheitsrat sitzt, sagte AFP, es stehe „dasselbe auf dem Spiel“ und „wir werden dasselbe erleben wie 2014“.