Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine will die EU die Vermögen von Russlands Präsident Wladimir Putin und dessen Außenminister Sergej Lawrow einfrieren. Darauf hätten sich die 27 Mitgliedstaaten der EU geeinigt, hieß es am Freitag aus EU-Kreisen. „Wir treffen das System Putin dort, wo es getroffen werden muss“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
„Wir listen jetzt auch den Staatspräsidenten, Herrn Putin, und den Außenminister, Herrn Lawrow“, fügte sie hinzu. Beide seien dafür verantwortlich, „dass unschuldige Menschen in der Ukraine sterben“ und „dass das internationale System mit Füßen getreten wird“, sagte Baerbock. „Das ist eine Maßnahme, die wir im internationalen Bereich so noch nicht getroffen haben“, betonte sie.
Nach Informationen von EU-Diplomaten hatten Deutschland und Italien zunächst gezögert, den Sanktionen gegen Putin und Lawrow zuzustimmen.
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich bereits am Donnerstagabend auf einem Gipfeltreffen auf ein Sanktionspaket gegen den russischen Finanz-, Energie- und Transportsektor geeinigt. Die Strafmaßnahmen gegen Putin und Lawrow seien dort bereits angesprochen worden, aber erst am Freitag dem Paket hinzugefügt worden, hieß es.
EU-Ratspräsident Charles Michel hatte am Freitagmorgen weitere Strafmaßnahmen angekündigt. Der Kreml drohte dem Westen mit Vergeltungsmaßnahmen. Moskau werde mit „symmetrischen und asymmetrischen“ Gegenmaßnahmen reagieren, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow ohne nähere Angaben zu machen.
Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron machte am Freitag deutlich, dass die „höchsten Vertreter“ Russlands von den EU-Sanktionen betroffen seien. Das wurde in einer Botschaft Macrons an das französische Parlament verlesen.
Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian sagte mit Blick auf die nun beschlossenen, insgesamt zwei Sanktionspakete gegen Russland: „Das reicht nicht, wir müssen noch weiter gehen, um das System zu ersticken und vor allem die Oligarchen treffen.“ Die EU müsse auch gegen Belarus vorgehen. Von dem Land aus waren russische Truppen in die Ukraine einmarschiert.
Vorgesehen sind in dem zweiten Sanktionspaket von Donnerstagabend unter anderem Sanktionen gegen die staatliche russische Eisenbahngesellschaft RZD, den Fahrzeughersteller Kamaz und den Schiffbauer USC. Die russischen Privatbanken Alfa Bank und Bank Otkritie sollen ebenfalls auf die Sanktionsliste. Auch soll Russlands Zugang zu Halbleitern und anderen High-Tech-Produkten erschwert werden. Auch Dual-Use-Gütern, die für zivile und militärische Zwecke genutzt werden können, sowie die Visa-Vergabe werden sanktioniert.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief die EU auf, härtere Sanktionen gegen Russland zu verhängen. „Es sind noch nicht alle Möglichkeiten für Sanktionen ausgeschöpft worden. Der Druck auf Russland muss erhöht werden“, schrieb er auf Twitter.
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn verteidigte die Entscheidung, Russland vorerst nicht aus dem internationalen Finanzsystem Swift auszuschließen. „Wir können neben dieser Krise, die wir jetzt haben, nicht noch eine Welthandelskrise provozieren. Wir wissen nicht, was die Auswirkungen sind auf den Weltmarkt und ob das nicht kontraproduktiv ist und Russland nicht so schadet“, sagte Asselborn. Er plädiere aber dafür, demnächst noch ein weiteres Sanktionspaket auf den Weg zu bringen.
Auch Baerbock wandte sich gegen einen Swift-Ausschluss Russlands zum aktuellen Zeitpunkt. Der Fall Iran habe gezeigt, dass eine solche Maßnahme eine „Breitenwirkung“ habe und statt der politisch Verantwortlichen die Zivilgesellschaft treffe. Es werde geprüft, inwiefern diese Breitenwirkung „aus dem Weg“ geräumt werden könnte.
Für einen Swift-Ausschluss Russlands sprachen sich dagegen Frankreich und Österreich aus. „Wir setzen uns daher dafür ein, dass Russland aus Swift ausgeschlossen wird“, twitterte am Freitag der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte, einige EU-Staaten hätten „Vorbehalte“ gegen den Swift-Ausschluss Russlands, der als „finanzielle Atomwaffe“ empfunden werde. „Frankreich gehört nicht zu diesen Ländern“, fügte er hinzu.