Die Entschlossenheit der Ampel-Regierung im Russland-Ukraine-Krieg schwächt nach Einschätzung des Politologen Wolfgang Schroeder den Zuspruch zur AfD in Deutschland. Mit seinem entschiedenen Vorgehen sei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch in der Lage, Teile der AfD-Wählerschaft für sich einzunehmen, sagte Schroeder der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. „Die Vorgaben des Kanzlers im Sinne von Aufrüstung, Zusammenhalt und klarer Kante gegen Russland sind auch im konservativ-rechten Spektrum konsensfähig.“
Damit könne die Bundesregierung den rechten Kräften „das Feld streitig machen“, sagte der Kasseler Politikwissenschaftler. „Das Gesetz des Handelns liegt jetzt bei der Regierung.“
In aktuellen Umfragen verliert die AfD an Zustimmung. Eine am Dienstag veröffentlichte Forsa-Erhebung sieht die Partei derzeit bei nur noch sieben Prozent.
„Scholz betreibt eine Politik, die für Teile der AfD-Wählerschaft nachvollziehbar ist und eine gewisse Zustimmung erreicht“, sagte Schroeder. Damit unterscheide er sich aus AfD-Perspektive von der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der die Partei Untätigkeit und Fehlverhalten insbesondere in der Flüchtlingskrise ab 2015 vorgeworfen hatte. „Scholz ist für die AfD nicht greifbar und damit im Moment auch schwer angreifbar“, sagt der Politologe.
Schroeder sieht die AfD in der aktuellen Situation in einem „Dilemma“. Mit ihrer Verurteilung des russischen Angriffs und dem Bekenntnis zur Souveränität der Ukraine sei sie „auf der gleichen Wellenlänge wie die anderen Parteien im Bundestag“, sagte der Politologe. Ihre Position zur Entstehung des Konflikts sei dagegen „anschlussfähig an russlandfreundliche Sichtweisen, wonach der Krieg nicht einseitig auf die Politik von Wladimir Putin zurückgeführt, sondern dem Westen ein wesentlicher Anteil zugeschrieben wird“.
Schroeder hält es dennoch für möglich, dass die AfD längerfristig aufgrund der für Deutschland absehbaren wirtschaftlichen Folgen wieder profitieren kann. Durch ihre Ablehnung der weitreichenden Sanktionen des Westens gegen Russland versuche die Partei, als „Schutzmacht der kleinen Leute“ zu punkten. Allerdings sieht Schroeder im Moment für die AfD kaum Möglichkeiten, „populistische Gegenpositionen aufzubauen“ und sich damit mehr Gehör und Zustimmung zu verschaffen.