Der UN-Verantwortliche für humanitäre Hilfe, Martin Griffiths, hat eindringlich den Schutz der Zivilbevölkerung in der Ukraine und die Ermöglichung von Hilfslieferungen gefordert. „Schützen Sie um Gottes Willen die Zivilisten“, sagte Griffiths an die Kriegsparteien gerichtet in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Außerdem dürfe humanitäre Hilfe nicht behindert werden.
„Jetzt, wo wir die Mittel haben, um unsere Arbeit zu machen, sind wir darauf angewiesen, dass die Konfliktparteien es uns erlauben, sie auch zu machen, und ihren Verpflichtungen nach internationalem humanitären Recht nachkommen“, appellierte der hochrangige UN-Vertreter in Genf. Die UNO hat demnach binnen zwei Tagen bereits 1,5 Milliarden Dollar (1,35 Milliarden Euro) der 1,7 Milliarden Dollar dringend benötigten Soforthilfe für die Menschen in der Ukraine eingesammelt.
Griffiths äußerte seine „Beunruhigung“, dass die Gewalt im Ukraine-Krieg zunehme und die Kämpfe sich zunehmend auf Stadtzentren konzentrierten. Dabei gebe es bereits „wahrscheinliche Verstöße gegen die internationalen Menschenrechte“ wie etwa Angriffe auf zivile Infrastruktur und die Behinderung humanitärer Helfer. Das UN-Personal sei aber trotz aller Widrigkeiten weiterhin im Land.
„Wir sind es gewohnt, in einem Land im Krieg zu arbeiten, während Phasen der Gewalt, und deshalb sind wir auf Schutz für unsere Kräfte angewiesen“, hob Griffiths hervor. Seit Beginn des russischen Einmarschs in der Ukraine arbeite die UNO mit beiden Seiten auf eine Entschärfung des Konfliktes hin. Dabei hätten beide Seiten auch Garantien abgegeben.
„Aber Garantien sind eine Sache“, fügte Griffiths in dem AFP-Gespräch hinzu. „Was wir brauchen ist eine Vorgehensweise.“ Beide Seiten müssten über Route, Zeitplan und Ladung eines Hilfskonvois informiert werden können und dann ihre Schutzzusagen einhalten.
Russland war vor einer Woche in die Ukraine einmarschiert und hat seitdem zahlreiche Städte angegriffen. In der Nacht zum Donnerstag bestätigten ukrainische Behörden die Einnahme der ersten Großstadt durch die russische Armee, der Hafenstadt Cherson im Süden der Ukraine.
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat bereits Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine aufgenommen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warf Russland am Donnerstag bei der Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf „gravierendste Verletzungen der Menschenrechte“ vor.