Die Hausärzte haben das Beratungsergebnis von Bund und Ländern zur künftigen Corona-Strategie scharf kritisiert. „Die gesamte Diskussion der letzten Tage zwischen Bund und Ländern war chaotisch“, sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe). Auch nach den Bund-Länder-Beratungen vom Donnerstag sei „weiterhin vollkommen unklar, nach welchen Kriterien die Politik die aktuelle Corona-Lage bewertet. Das ist Pandemie-Bekämpfung nach tagesaktuellem Bauchgefühl.“
Weigeldt kritisierte unklare Kriterien der Pandemie-Bekämpfung. „Am Anfang war einmal die Entlastung der Intensivstationen das zentrale Ziel. Hier droht aktuell offensichtlich keine akute Gefahr“, sagte der Verbandschef. „Dann war es die Situation auf der Normalstation. Jetzt, auf einmal, scheint die Inzidenz wieder eine entscheidende Größe zu sein.“ Dieses Hin und Her sei „nicht nachvollziehbar“.
„Maßnahmen zu diskutieren und zu beschließen, ohne dass klar ist, was damit konkret erreicht werden soll, ergibt wenig Sinn“, kritisierte Weigeldt. „Man kann nicht nach Lust und Laune mal die eine Zahl und dann wieder die andere zur zentralen Bezugsgröße machen.“
Überdies befinde Deutschland sich „nach wie vor im Daten-Blindflug“. „Wir haben weder einen realistischen Überblick, wie viele Menschen sich infizieren, noch wissen wir, wie viele Menschen in den Krankenhäusern wegen einer Corona-Infektion hospitalisiert wurden und bei wie vielen es sich um einen Nebenbefund handelt“, sagte der Mediziner der „Rheinischen Post“. Dies müsse künftig bei der Meldung aus den Krankenhäusern unbedingt klar unterschieden werden. „Ansonsten ist diese Zahl nicht zu gebrauchen.“
Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, kritisierte den Corona-Kurs und das neue Infektionsschutzgesetz, das am Freitag verabschiedet werden soll. „Gerade angesichts der hohen Infektionszahlen fehlen aktuell Regelungen im Basisschutz zur Maskenpflicht in Innenräumen“, sagte er der „Rheinischen Post“. Aus seiner Sicht wäre es sinnvoll, „die Maskenpflicht nicht nur in den öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern auch in öffentlich zugänglichen Räumen aufrecht zu erhalten, etwa in Behörden, in Geschäften oder bei Veranstaltungen“.
„Die meisten Menschen haben sich an die Maske gewöhnt und ihre Effektivität bei der Pandemie-Bekämpfung ist unbestritten“, argumentierte Landsberg. Zu den Regelungen für Corona-Hotspots sagte er, diese seien „unpraktikabel“ und führten zu einem „Flickenteppich“.