Knapp zwei Wochen vor der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl hat der Endspurt des Wahlkampfs begonnen. Seit Montag haben alle zwölf Bewerber und Bewerberinnen dieselbe Redezeit im Fernsehen und im Radio. Zugleich wird der Schlagabtausch zwischen den Kandidaten merklich heftiger. So empfahl Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron dem rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Eric Zemmour das Tragen eines Hörgerätes.
Für die Aussage Zemmours, er habe bei einer Wahlkampfveranstaltung am Sonntag die „Macron Mörder“-Rufe im Publikum nicht gehört, könne es nur zwei Gründe geben, sagte Macron am Montag in Dijon. „Entweder ist es eine Unverfrorenheit, was mich nicht wundern würde.“ Oder Zemmour sei nicht über die jüngste Gesundheitsreform informiert: „Hörgeräte kann man sich jetzt nämlich von der Krankenkasse erstatten lassen“, sagte Macron. „Ich empfehle dem schlecht hörenden Kandidaten, sich kostengünstig damit ausstatten zu lassen.“
Zemmour hatte bei seinem bislang größten Wahlkampftreffen am Sonntag in Paris Videos von Anschlagsopfern zeigen lassen. Anschließend waren im Publikum „Macron Mörder“-Rufe laut geworden.
„Das habe ich nicht gehört und heiße es auch nicht gut“, schrieb Zemmour am Montag auf Twitter, um dann den Medien vorzuwerfen, dass sie nicht über die „100.000 begeisterten patriotischen und stolzen Franzosen“ auf seiner Veranstaltung berichtet hätten. Unabhängige Berechnungen legen allerdings nahe, dass deutlich weniger als 100.000 Menschen auf der Kundgebung waren.
Die strengen Vorschriften für die Redezeit der Kandidaten im Fernsehen und im Radio hat vor allem zu Folge, dass diejenigen, die keinerlei Aussicht auf einen Wahlsieg haben, nun auffallend viel in den Medien zu sehen und zu hören sind. Äußerungen des Präsidenten, der für seine Wiederwahl antritt, zählen nicht mit, sofern sie seine Amtsgeschäfte betreffen.
Macron zeigte sich bei einem seiner seltenen Wahlkampfauftritte am Montag in Dijon in Begleitung zweier sozialistischer Abgeordneter, die ihn unterstützen. „Zum Laufen braucht man zwei Beine, das rechte und das linke“, sagte er mit Blick auf seine linksorientierte Wählerschaft, die von seiner ersten Amtszeit enttäuschter ist als seinen rechtskonservativen Wählern. Zu seinen Projekten für eine zweite Amtszeit zählt die Anhebung des Rentenalters von derzeit 62 auf 65 Jahre.
Macron hat bislang nur eine einzige Großveranstaltung für den 2. April in Paris geplant, in einer Veranstaltungshalle mit 40.000 Plätzen.
In den Umfragen liegt Macron seit Wochen stabil vorn, gefolgt von der Rechtspopulistin Marine Le Pen, die bereits 2017 gegen ihn in der Stichwahl angetreten war. Laut dem Institut BVA Opinion haben sich allerdings 40 Prozent der Wähler noch nicht entschieden. Zudem könnten sich viele der Stimme enthalten, sei es aus Politikfrust oder weil die Stichwahl in die Frühlingsferien fällt.
In Frankreich gibt es keine Briefwahl. Wähler können sich durch eine Vertrauensperson vertreten lassen, müssen dies aber zuvor auf einer Polizeiwache anmelden.