Der in einem Missbrauchsgutachten belastete Münchner Prälat Lorenz Wolf hat Erzbischof Reinhard Marx um die Entpflichtung von seinen Ämtern gebeten. Wolf bat um die Entbindung von seinen Rollen als Leiter des Katholischen Büros Bayern sowie als Offizial im sogenannten Konsistorium und Metropolitanergericht München, wie das Erzbistum am Montag mitteilte. Demnach nahm Marx die Bitte um Entpflichtung als Vorsteher des Kirchengerichts mit sofortiger Wirkung an. Bezüglich der Leitung des Katholischen Büros müssten zunächst die bayerischen Bischöfe zustimmen.
Nach Angaben des Erzbistums dankte Marx, Erzbischof von München und Freising, dem Prälat für „diese weitgehende und respektable Entscheidung, durch die Sie persönlich Verantwortung übernehmen in Bezug auf den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs im Bereich der Erzdiözese“.
In einer Stellungnahme bat Wolf die von Missbrauch Betroffenen „von Herzen“ um Vergebung. „Auch bekenne ich, dass ich mich nicht nachhaltig genug an die Seite der Opfer gestellt habe“, erklärte er. „Mein größter Fehler war es wahrscheinlich, dass ich vielfach zu sehr die Rolle des Vermittlers übernommen habe, anstatt jeweils auf meinem eigenen Standpunkt zu beharren.“
In dem Schreiben nahm Wolf ausführlich Stellung zu seiner Rolle bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen im Erzbistum. Das Gutachten zu sexuellem Missbrauch in der Erzdiözese München und Freising war Ende Januar veröffentlicht worden. Wolf, der darin persönlich belastet wurde, ließ seine Ämter und Aufgaben zunächst ruhen.
Die beauftragte Anwaltskanzlei hatte für die Zeit von 1945 bis 2019 Missbrauchsfälle im Erzbistum untersucht. Die Studie geht von mindestens 497 Opfern und einer weit höheren Dunkelziffer aus. Schwer belastet wurden neben dem amtierenden Erzbischof Marx auch der emeritierte Papst Benedikt XVI., der von 1977 bis 1982 Münchner Erzbischof war.