Der ehemalige US-Präsident John F. Kennedy habe 1963 versprochen, einen Plan zur Versklavung der Menschen zu enthüllen – nur eine Woche vor seiner Ermordung. Hunderte Nutzerinnen und Nutzer haben Mitte April 2021 ein Zitat-Bild mit dieser Behauptung auf Facebook geteilt. Öffentliche Beweise gibt es für diese Worte allerdings nicht. Das bestätigen die John F. Kennedy Presidential Library und mehrere Dokumente.
Das vermeintliche Zitat Kennedys taucht seit mehreren Jahren immer wieder auf. Seit dem 12. April haben es erneut mehr als 300 User auf Facebook geteilt (hier). Weitere Postings dazu stammen etwa von Januar 2021 (hier), Oktober 2020 (hier) und August 2020 (hier, hier). Das erste Posting, das AFP mit dem Zitat finden konnte, wurde bereits am 22. Februar 2015 veröffentlicht (hier).
Alle Postings haben gemeinsam, dass sie John F. Kennedy folgende Aussage in den Mund legen: „Es gibt einen Plan in diesem Land, alle Männer, Frauen und Kinder zu versklaven. Bevor ich dieses hohe und ehrenwerte Amt verlasse, werde ich diesen Plan bloßstellen.“ Die Facebook-Postings behaupten außerdem, dass Kennedy diese Aussage „7 Tage vor seiner Hinrichtung“ gemacht haben soll.
Facebook-Nutzer kommentierten das etwa mit Sätzen wie: „Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass genau DIESES Statement sein Todesurteil war!“ Weiter heißt es: „Zur Zeit erleben wir das gleiche – unter anderen Voraussetzungen – mit Trump! Trump beschreitet den Weg von JFK!“
Immer wieder kursieren gefälschte Zitate von Prominenten, Politikerinnen und Politikern auf Social Media, um deren Ansehen auf- oder abzuwerten. AFP widerlegte im März 2021 gleich mehrere angebliche Zitate von Politikerinnen und -Politikern (hier), eine angebliche Versklavungsanleitung des Nationalsozialisten Hermann Göring (hier) und eine angebliche Prophezeiung des bekannten Buchautoren George Orwell (hier). Auch das vermeintliche Zitat Kennedys, das aktuell auf Facebook kursiert, reiht sich in diese Reihe ein.
John F. Kennedy war als Politiker der Demokratischen Partei von 1961 bis 1963 Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Am 22. November 1963 wurde er auf einer Wahlkampfreise in Dallas, Texas in seinem Auto erschossen. Wenige Stunden später verhafteten die Behörden Lee Harvey Oswald als Tatverdächtigen, doch auch dieser wurde noch vor seinem Gerichtsprozess erschossen. Bis heute ranken sich zahlreiche Verschwörungserzählungen um das Attentat auf Kennedy.
Keine Beweise für das Kennedy-Zitat
John F. Kennedy soll sieben Tage vor seiner Ermordung, also am 15. November 1963 das angebliche Zitat geäußert haben. Einen öffentlichen Beweis für die behauptete Aussage konnte AFP auch nach ausführlicher Suche nicht finden.
Die John F. Kennedy Presidential Library und das John F. Kennedy Presidential Museum sammeln Dokumente aus der Präsidentschaftszeit Kennedys. So auch öffentliche Reden und Pressekonferenzen im Wortlaut.
AFP hat die Reden im Wortlaut zwischen dem 15. November und dem 22. November 1963 durchsucht. In keiner der drei Reden, die Kennedy vor seiner Ermordung hielt und auch bei seiner letzten Pressekonferenz am 14. November fiel das Wort „enslave“ (versklaven) oder auch nur der Wortteil „slave“.
Am 15. November, also eine Woche vor seiner Ermordung, sprach Kennedy auch in New York auf der „AFL-CIO Convention“, einem Kongress des internationalen Verbandes der Arbeitergewerkschaften. Im Transkript dieser Rede ist das angebliche Zitat ebenfalls nicht zu finden. So auch nicht in einem Transkript von Kennedys Rede am selben Tag auf dem „Nationalen Kongress der katholischen Jugendorganisation“. Kennedy hat laut eines minutengenauen Protokolls seines Tages keine andere Reden am 15. November 1963 gehalten.
AFP hat auch die Archivarin der John F. Kennedy Presidential Library, Stacey Chandler, zum angeblichen Zitat befragt. Sie erklärte am 13. April in einer E-Mail an AFP: „Wir wurden oft nach diesem Zitat gefragt und haben nie Beweise dafür gefunden, dass John F. Kennedy es jemals gesagt oder geschrieben hat.“
Laut Chandler werde das Zitat oft mit einer Rede Kennedys an der Columbia University am 12. oder 15. November 1963 in Verbindung gebracht. „Wir haben keinen Hinweis darauf gefunden, dass der Präsident an einem dieser Tage oder zu einem anderen Zeitpunkt im Jahr 1963 an der Columbia University gesprochen hat“, schrieb Chandler. Auch ihre Suche im internen Archiv habe zu keinem Treffer geführt.
Marc J. Selverstone, Vorsitzender des Presidential Recordings Program an der Universität Virginia und John F- Kennedy-Experte, schrieb AFP in einer E-Mail am 13. April an AFP: „Das (Zitat) hat keine Gültigkeit.“
Fazit: Auch eine Google-Suche nach der deutschen und der englischen Version des Zitats ergab keine relevanten Hinweise auf die Echtheit des Zitats. Politifact, Reuters, Snopes, dpa sowie AFP kommen zum selben Ergebnis: Es gibt keine Beweise dafür, dass John F. Kennedy öffentlich über die Enthüllung einer geplanten Versklavung von Menschen gesprochen hat.