Die FDP äußert weiter Zweifel an den Plänen zu einer allgemeinen Impfpflicht. Eine solche Maßnahme wirke „allerhöchstens mittelfristig“, sagte Fraktionschef Christian Dürr der „Passauer Neuen Presse“ vom Dienstag. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zeigte sich skeptisch gegenüber einem möglichen Impfregister. Für Kritik sorgten erneut Überlegungen, von Impfverweigerern einen höheren Krankenkassenbeitrag zu verlangen.
Zur Impfpflicht sagte Dürr: „Ich selbst bin unentschlossen.“ Momentan gebe es eine sehr hohe Impfbereitschaft in der Bevölkerung. „Die sollte man jetzt erst einmal vorrangig nutzen.“ Über eine allgemeine Impfpflicht soll Anfang kommenden Jahres im Bundestag beraten werden. Dabei soll es aber Gruppenanträge geben, über die ohne Fraktionszwang abgestimmt werden soll.
Buschmann sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Dienstag: „Bei nationalen Registern, die Daten über die gesamte Bevölkerung speichern, bin ich stets zurückhaltend.“ Datenschützer befürchteten „hier den Einstieg in einen umfassenden Zugriff des Staates auf alle Gesundheitsdaten der Bürgerinnen und Bürger“.
Vor dem Hintergrund der Debatte über eine Impfpflicht wurden zuletzt auch die Forderungen nach einem nationalen Impfregister immer lauter. Befürworter eines solchen Registers argumentieren, dass eine effektive Kontrolle einer Impfpflicht auf andere Weise kaum möglich wäre. Dem widersprach Buschmann in der „FAZ“. „Der Staat kann und soll gar nicht jeden und alles jederzeit kontrollieren.“
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, bezeichnete die Einführung eines nationalen Impfregisters unterdessen als machbar. „Datenschutzrechtlich unmöglich ist ein nationales Impfregister nicht“, sagte Kelber den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Dienstag. Allerdings müsse die Politik „dringend zuerst ganz konkret die Ziele benennen, die sie erreichen will, damit man beurteilen kann, ob dafür ein zentrales Impfregister notwendig ist oder andere Maßnahmen ausreichen“.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte im Bayerischen Rundfunk: „Vor einer Impflicht muss den Menschen ein ausreichendes Impfangebot gemacht werden.“ Wenn die dann nicht reiche, werde „eine Pflicht notwendig sein und gegebenenfalls greifen“.
Höhere Krankenkassenbeiträge für Ungeimpfte lehnte Dahmen ab. „Derartige Sanktionen halte ich für den falschen Weg und führt eher dazu, dass die Konfrontation steigt und nicht Brücken gebaut werden.“ Auch Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte ZDF-„Morgenmagazin“, er halte eine solche Malus-Regelung für den falschen Weg. „Unser Gesundheitswesen basiert auf dem Gedanken von Solidarität.“
Ähnlich argumentierte auch der GKV-Spitzenverband. Das Solidarprinzip bedeute auch, dass sich die Höhe des Krankenkassenbeitrags nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit richte, sagte Verbandssprecher Florian Lanz der Nachrichtenagentur AFP. „Wer an diesem Grundprinzip rüttelt, rüttelt an dem Solidarprinzip.“
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) verteidigte den Vorschlag hingegen. „Eine Impfpflicht ohne Sanktionen ist ein zahnloser Tiger“, sagt er zu Bild Live. Solidarität sei „keine Einbahnstraße“, sagte er mit Blick auf die Kosten der gesetzlichen Krankenkassen, die durch die Behandlung ungeimpfter Corona-Patienten entstehen.
Am Montag hatte sich auch das Bundesgesundheitsministerium zurückhaltend zu Holetscheks Vorschlag geäußert. Jetzt gehe es erst einmal darum, überhaupt über die allgemeine Impfpflicht zu diskutieren, sagte ein Ministeriumssprecher. Erst im nächsten Schritt solle es dann um mögliche Sanktionen gehen.