In der Debatte über eine allgemeine Impfpflicht gibt es neue Vorschläge sowie Mahnungen, eine solche Pflicht rechtssicher und überzeugend zu gestalten. Eine derart „einschneidende Maßnahme“ erfordere eine besonders anspruchsvolle Begründung – „erst recht deshalb, weil eine Impfpflicht über lange Zeit von Verantwortlichen in Bund und Ländern explizit ausgeschlossen wurde“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch in Berlin. FDP-Fraktionschef Christian Dürr brachte eine Impfpflicht zunächst nur für ein Jahr ins Gespräch.
„Eine solch außerordentliche Maßnahme stellt unseren Staat auch in eine außerordentliche Pflicht vor seinen Bürgerinnen und Bürgern“, sagte Steinmeier zum Auftakt einer Debatte mit Bürgerinnen und Bürgern zu dem Thema. Er selbst wolle sich dazu aus „Respekt vor dem politischen Prozess“ zunächst nicht öffentlich festlegen. „Als Bundespräsident werde ich mich in dieser Runde nicht zum Ja oder Nein einer allgemeinen Impfpflicht positionieren.“
Dürr sagte der „Rheinischen Post“ vom Mittwoch: „Eine Idee wäre auch, die Impfpflicht auf Probe zu prüfen: die Impfpflicht könnte nur befristet eingeführt werden, zum Beispiel für ein Jahr.“ Auch er selbst habe sich aber noch nicht festgelegt, fügte der FDP-Fraktionschef hinzu.
Eine Impfpflicht sollte „niemals Selbstzweck sein, sondern sie muss verhältnismäßig und wirksam sein“, hob Dürr hervor. Aktuell stelle sich etwa die Frage, „ob wir uns künftig vier Mal im Jahr impfen sollen“. Es sei auch möglich, dass „wir in eine endemische Phase laufen, in der sich eine Impfpflicht möglicherweise erübrigen kann“, sagte der FDP-Politiker.
Unterdessen wurde der angestrebte Zeitplan für die weiteren Beratungen deutlicher. „Die Beschlussfassung wird im März stattfinden mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast in Berlin. Konkret nannte sie als möglichen Termin für die Verabschiedung einer allgemeinen Impfpflicht die letzten Bundestags-Sitzungstage in dem Monat. Allerdings müsse danach gegebenenfalls noch einmal Zeit bis zur Wirksamkeit einer Impfung vergehen, „um Menschen noch die Möglichkeit zu geben, sich impfen zu lassen“, sagte Mast weiter.
Die SPD-Politikerin bekräftigte auch, dass es zunächst Ende Januar im Bundestag eine Orientierungdebette zur Impfpflicht geben werde und dann Mitte Februar die erste Lesung der bis dahin vorliegenden Gruppenanträge von Abgeordneten. Mast äußerte die Erwartung dass sich die Optionen dann im weiteren Verlauf auf etwa drei konzentrieren dürften: Ein Ja zur Impfpflicht unter bestimmten Konditionen, ein Nein sowie ein Ja, aber nur für bestimmte Gruppen. Auch Mast betonte die Notwendigkeit einer gründlichen Beratung, um dann „verfassungsfest zu entscheiden“.
Auch Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sprach sich für eine Entscheidung im ersten Quartal aus. Sie gehe davon aus, dass nach der geplanten Orientierungsdebatte das Verfahren „sehr zügig“ kläre und dem Parlament dann schnell die entsprechenden Anträge vorlegt würden. Es handele sich um ein sehr sensibles Thema mit hoher „Eingriffstiefe“, das sehr sorgfältig beraten werde müsse, betonte auch sie.
Für die Impfpflicht warb Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Da leider alles Werben und Bitten nicht zu einer ausreichend hohen Impfquote geführt hat, brauchen wir jetzt die Impfnachweispflicht“, sagte sie der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Niemand wird zwangsweise geimpft“, bekräftigte Faeser aber zugleich.