Auch nach einer Adoption ist die leibliche Mutter dem Kind gegenüber grundsätzlich zur Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters verpflichtet. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch im Fall einer Frau im Alter von Ende 30, die als kleines Mädchen adoptiert worden war. Die leibliche Mutter hatte angegeben, sich an keinen möglichen Erzeuger erinnern zu können. (Az. XII ZB 183/21)
Sie war bei der Geburt ihres Kindes erst 16 Jahre alt, wie der BGH ausführte. Nach der Adoption sahen sich die beiden erst 2003 auf Vermittlung des Jugendamts wieder. Die Tochter klagte vor Gericht die Auskunft über den leiblichen Vater ein – zunächst erfolglos vor dem Amtsgericht Stuttgart. Das Stuttgarter Oberlandesgericht verurteilte die Mutter dann dazu, alle Männer zu nennen, mit denen sie in der fraglichen Zeit Geschlechtsverkehr hatte.
Dagegen legte sie Beschwerde beim BGH ein, der diese nun zurückwies. Er verwies auf die Beistands- und Rücksichtspflicht von Eltern und Kindern. Der Staat sei außerdem dazu verpflichtet, den Einzelnen vor der Vorenthaltung von verfügbaren Informationen über die eigene Abstammung zu schützen. Es gehe hier nicht allein um die Durchsetzung finanzieller Interessen, erklärte der BGH. Vielmehr werde das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gestärkt.
Dabei spiele es keine Rolle, dass die Tochter Adoptiveltern habe. Das Auskunftsschuldverhältnis sei schon vor der Adoption entstanden. Die Mutter habe sich auch nicht darauf berufen, dass ihre Privatsphäre verletzt werden könne.