In der Debatte über eine allgemeine Impfpflicht hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag das Ziel bekräftigt, diese für alle Erwachsenen einzuführen. Ähnlich äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte für eine Impfpflicht Rechtssicherheit und eine überzeugende Begründung an.
Scholz bat im Rahmen der Regierungsbefragung das Parlament, zur Impfpflicht „zügig“ ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Mit seinem Beharren auf einer allgemeinen Impfpflicht für Erwachsene ging er auf Distanz zu Vorschlägen, die eine solche Verpflichtung nur für Ältere oder für Menschen mit Vorerkrankungen vorsehen.
Der Bundeskanzler verteidigte das Vorgehen seiner Regierung, keinen eigenen Gesetzesvorschlag zur Impfpflicht vorzulegen, sondern dies den Abgeordneten zu überlassen. Der Bundestag solle die Regelung in einer „offenen Debatte“ erarbeiten. Dies trage zur „Befriedung der politischen Diskussion“ bei. Unabhängig von einer möglichen Pflicht rief Scholz alle Bürgerinnen und Bürger erneut zur Impfung auf, auch zum Schutz anderer Menschen.
Faeser sagte der Wochenzeitung „Die Zeit“ zur Impfpflicht: „Da leider alles Werben und Bitten nicht zu einer ausreichend hohen Impfquote geführt hat, brauchen wir jetzt die Impfnachweispflicht. Gleichwohl werde „niemand zwangsweise geimpft“, bekräftigte Faeser zugleich.
Eine derart „einschneidende Maßnahme“ erfordere eine besonders anspruchsvolle Begründung – „erst recht deshalb, weil eine Impfpflicht über lange Zeit von Verantwortlichen in Bund und Ländern explizit ausgeschlossen wurde“, mahnte allerdings Steinmeier zur Vorsicht. „Eine solch außerordentliche Maßnahme stellt unseren Staat auch in eine außerordentliche Pflicht vor seinen Bürgerinnen und Bürgern“, hob er zum Auftakt eines Gesprächs mit Bürgerinnen und Bürgern zu dem Thema hervor.
Er selbst wolle sich dazu aus „Respekt vor dem politischen Prozess“ zunächst nicht öffentlich festlegen, sagte Steinmeier weiter. „Als Bundespräsident werde ich mich in dieser Runde nicht zum Ja oder Nein einer allgemeinen Impfpflicht positionieren.“
FDP-Fraktionschef Christian Dürr brachte in der „Rheinischen Post“ vom Mittwoch eine „Impfpflicht auf Probe“ ins Gespräch. Diese könnte „nur befristet eingeführt werden, zum Beispiel für ein Jahr“. Auch er selbst habe sich aber noch nicht festgelegt, fügte Dürr hinzu. Auf jeden Fall dürfe eine Impfpflicht „niemals Selbstzweck sein, sondern sie muss verhältnismäßig und wirksam sein“, sagte der FDP-Politiker.
Unterdessen wurde der angestrebte Zeitplan für die Beratungen deutlicher. „Die Beschlussfassung wird im März stattfinden mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast in Berlin. Konkret nannte sie als möglichen Termin für die Verabschiedung einer allgemeinen Impfpflicht die letzten Bundestags-Sitzungstage in dem Monat. Allerdings müsse danach gegebenenfalls noch einmal Zeit bis zur Wirksamkeit einer Impfung vergehen, „um Menschen noch die Möglichkeit zu geben, sich impfen zu lassen“.
Mast bekräftigte auch, dass es zunächst Ende Januar im Bundestag eine Orientierungsdebatte zur Impfpflicht geben werde und dann Mitte Februar die erste Lesung der bis dahin vorliegenden Gruppenanträge von Abgeordneten. Auch sie betonte die Notwendigkeit einer gründlichen Beratung, um dann „verfassungsfest zu entscheiden“.
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sprach sich ebenfalls für eine Entscheidung im ersten Quartal aus. Es handele sich um ein sehr sensibles Thema mit hoher „Eingriffstiefe“, das sehr sorgfältig beraten werde müsse, betonte auch sie.