Einem juristischen Gutachten zufolge ist auch eine psychische Erkrankung infolge eines Unfalls an Bord eines Flugzeugs als Körperverletzung zu werten. Wenn die psychische Beeinträchtigung von einem Arzt festgestellt worden sei und medizinische Behandlung erfordere, gelte dies unabhängig von körperlicher Unversehrtheit, argumentierte der zuständige Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag. Es ging um die Klage einer Flugpassagierin gegen die frühere österreichische Airline Laudamotion. (Az. C-111/21)
Vor einem geplanten Flug explodierte ein Triebwerk, weswegen das Flugzeug evakuiert wurde. Die Passagierin stieg über den Notausstieg an einem Flügel aus und wurde dabei durch den sogenannten Jet Blast, also die vom anderen Triebwerk aufgewirbelte Luft, mehrere Meter weggeschleudert. Später wurde bei ihr eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Sie verklagte die Airline auf Schadenersatz.
Der Oberste Gerichtshof in Österreich bat den EuGH um Auslegung des Übereinkommens von Montreal. Demnach muss eine Airline den Schaden für eine körperliche Verletzung als Folge eines Unfalls an Bord oder beim Ein- und Aussteigen ersetzen.
Dass in dem Abkommen nur der Begriff der Körperverletzung verwendet werde, sei dabei nicht entscheidend, argumentierte Generalanwalt Jean Richard de la Tour. Heutzutage müsse der Begriff so ausgelegt werden, dass er auch psychische Schäden umfasse. Ein außergewöhnliches Ereignis, das als lebensbedrohlich empfunden werde, könne ein Trauma auslösen. Dies sei genauso real und verheerend wie eine Körperverletzung.
Die Richterinnen und Richter am EuGH müssen sich bei ihrer Entscheidung nicht an das Gutachten des Generalanwalts halten, sie orientieren sich aber oft daran. Ein Termin für die Urteilsverkündung wurde noch nicht bekanntgegeben.