Mit der Verlesung der Anklage hat vor dem Landgericht im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach am Montag der Prozess um die Tötung eines Tankstellenmitarbeiters im Streit um die Maskenpflicht begonnen. Ein 50-Jähriger muss sich wegen heimtückischen Mordes aus niederen Beweggründen verantworten. Daneben wirft ihm die Anklage das unerlaubte Führen der Tatwaffe und den unerlaubten Besitz einer weiteren Schusswaffe vor. Beide soll er seit 2014 besessen haben. Die Tat löste bundesweit großes Entsetzen aus.
Der Anklage zufolge soll sich Mario N. am 18. September beim Bezahlen an einer Tankstelle in Idar-Oberstein mit dem 20 Jahre alten Kassierer Alex W. um die Maskenpflicht gestritten haben. Der Tatverdächtige habe die Tankstelle ohne die Ware verlassen. Zu Hause habe er sich immer mehr über die Situation in der Tankstelle geärgert und beschlossen, die Sache nicht auf sich beruhen zu lassen.
Rund anderthalb Stunden nach seinem ersten Besuch im Geschäft sei der Angeklagte mit Maske zurückgekehrt. N. habe sie an der Kasse heruntergezogen, um eine Reaktion W.s zu provozieren, sagte Staatsanwältin Nicole Frohn. Es sei zu einem kurzen Wortwechsel gekommen, in dem der Mann dazu aufgefordert wurde, die Maske wieder aufzusetzen. Daraufhin habe der 50-Jährige dem 20-Jährigen aus kurzer Distanz ins Gesicht geschossen.
Der Angeklagte soll sich seit längerer Zeit durch die zur Bekämpfung der Coronapandemie angeordneten Beschränkungen belastet gefühlt haben. Das Opfer habe der Angeklagte als mitverantwortlich für die Gesamtsituation angesehen, weil der junge Mann die Maskenpflicht habe durchsetzen wollen.
„Da er wusste, dass er an die verantwortlichen Politiker nicht herankam, beschloss er, ihn zu töten“, sagte Frohn. Mit der Tat habe er ein Zeichen setzen wollen. „Er nutzte den Umstand aus, dass das Opfer nicht mit einem Angriff auf sein Leben rechnete und daher nicht ansatzweise in der Lage war, dem Schuss auszuweichen“, führte Frohn weiter aus.
Nach Verlesung der Anklage händigte die Vorsitzende Richterin Claudia Büch-Schmitz den Prozessbeteiligten eine CD mit weiteren Daten aus. Darauf befanden sich Chats des Angeklagten sowie Ermittlungsergebnisse der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz, erklärte Frohn. Dabei gehe es um die Frage, ob N. in Strukturen eingebunden war, die ihn zu der Tat verleitet haben könnten.
Die Sitzung wurde zunächst für zwei Stunden unterbrochen, damit N.s Verteidigung sich einen Überblick über die Daten verschaffen konnte. Darin erwähnte weitere Ermittlungen richteten sich nach einem Telefonat von Staatsanwältin Frohn mit der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz jedoch nicht gegen N., sondern gegen Dritte.
N.s Verteidiger kündigten an, am Mittwoch die Dokumente mit ihrem Mandanten durchzuarbeiten. Ob die Verhandlung am Freitag wie geplant fortgesetzt werden könne, hänge davon ab, ob sich aus den Akten weitere Erkenntnisse ergäben. Reicht die Zeit nicht, soll der Prozess am 31. März fortgesetzt werden.
Eine für den Montag angekündigte Aussage N.s wurde daher verschoben. Bis Mitte Mai sind in dem Prozess zunächst noch zwölf weitere Verhandlungstermine angesetzt.