Allgemeine Corona-Impfpflicht in Deutschland vorerst vom Tisch

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In Deutschland wird es vorerst keine allgemeine Corona-Impfpflicht geben. Der Gesetzentwurf aus den Reihen der Ampel-Fraktionen für eine Impfpflicht für alle Menschen ab 60 Jahren wurde am Donnerstag im Bundestag klar abgelehnt. Sozialverbände sprachen von einem Fiasko, Kritik kam auch aus den Ländern.

Für die Impfpflicht ab 60, verknüpft mit Beratungspflichten auch für Jüngere, stimmten im Bundestag 296 Abgeordnete vorwiegend von SPD und Grünen, dagegen 378; es gab neun Enthaltungen. Zuvor hatten sich die Ampel-Fraktionen nicht mit dem Wunsch durchsetzen können, über diesen Gesetzentwurf erst zuletzt abzustimmen.

Im Anschluss scheiterte auch die CDU/CSU mit einem Antrag, wonach Vorbereitungen für eine mögliche spätere Impfpflicht getroffen werden sollten. Dafür gab es nur 172 Ja-Stimmen, 25 weniger als die Union Abgeordnete hat. Jeweils weniger als hundert Ja-Stimmen gab es für zwei Anträge einer Gruppe um den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, der mehrheitlich von seiner Fraktion unterstützt wurde, sowie der AfD, die sich beide grundsätzlich gegen eine Impfpflicht wandten.

Das Abstimmungsergebnis mache den Kampf gegen die Corona-Pandemie spätestens im Herbst sehr viel schwerer, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) anschließend. Zugleich warb er für einen neuen Anlauf: „Um unnötige Opfer im Herbst zu vermeiden, sollte der Versuch nicht aufgegeben werden, bis dahin trotzdem eine Impfpflicht zu erreichen.“ In der Bundestagsdebatte hatte Lauterbach zuvor vergeblich gewarnt, ohne Impfpflicht werde es im Herbst mehr Corona-Tote geben.

Der FDP-Politiker und Impfpflicht-Befürworter Andrew Ullmann warb dafür, trotz der Auseinandersetzungen den Gesprächsfaden mit Blick auf eine Impfpflicht nicht abreißen zu lassen. „Wir wollen nicht einen dritten Corona-Winter erleben, wo wir dann wieder in Lockdowns sind“, warnte auch er.

„Wir stehen weiterhin für Gespräche bereit, um entschlossen, aber maßvolle Vorsorge für den Herbst zu treffen“, erklärten Unions-Fraktionsvize Sepp Müller (CDU) und der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge. Allerdings wollen sie sich demnach weiterhin auf einen Vorsorgebeschluss beschränken und keine Entscheidung über eine Impfpflicht zum jetzigen Zeitpunkt. Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Ampel-Koalition äußerte im TV-Sender „Welt“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Auch mehrere Landes-Gesundheitsminister warben trotz des Scheiterns des Gesetzentwurfs weiter für eine gemeinsame Lösung. „Es gilt, eine allgemeine Impfpflicht auf den Weg zu bringen, die sinnvoll und rechtssicher ist“, erklärte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Besorgt über das Abstimmungsergebnis äußerte sich in der „Mitteldeutschen Zeitung“ Sachsens-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD).

„Die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht wäre wichtig und richtig gewesen“, hieß es zudem in einer Erklärung der Grünen-Ministerinnen und -Minister Manne Lucha, Ulrike Gote, Ursula Nonnemacher und Kai Klose. Leidtragende seien nun vulnerable Gruppen.

Im Bundestag hatte es über die Impfpflicht einen harten Schlagabtausch gegeben. „Wir haben die Verantwortung, jetzt Vorsorge für den Herbst zu tragen“, sagte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. Die Impfung „schützt davor, dass man schwer erkrankt oder daran stirbt“, warb SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt für die Impfpflicht ab 60.

Man könne über eine Impfpflicht „nicht sofort und pauschal gleich entscheiden“, argumentierte dagegen Sorge. Kubicki sagte, es sei „nicht die Aufgabe des Staates, erwachsene Menschen gegen ihren Willen zum Selbstschutz zu zwingen“.

Als „Fiasko für uns alle“, wertete der Sozialverband ASB das Scheitern eines Bundestagsbeschlusses für eine allgemeine Impfpflicht. Von einem „Scherbenhaufen, den alle Parteien zu verantworten haben“, sprach der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, in der „Rheinischen Post“.

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