Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Trendwende beim Ökostrom-Ausbau gemeinsam mit der Industrie schaffen. Durch die neuen Gesetze allein „ist noch kein einziges Windrad neu gebaut oder eine Solaranlage“, sagte Habeck am Montag nach einem Treffen mit Branchenverbänden und Unternehmen aus den Bereichen Windkraft, Photovoltaik, Kabel und Stromnetze. Die Unternehmen seien bereit und in der Lage, ihre Kapazitäten hochzufahren.
Habeck wies darauf hin, dass es im ersten Quartal erneut bundesweit einen Rückgang bei Genehmigungen und Anträgen für neue Windkraftanlagen gegeben habe und „schon das letzte Jahr war ein erbärmlich schlechtes“. Daher sollten Kommunen und Länder jetzt zügig Flächen für neue Anlagen ausweisen, auch wenn die neuen Gesetze erst Anfang 2023 in Kraft treten. Sonst „verlieren wir Zeit“, um die Trendwende zu erreichen, sagte er in Berlin.
Derzeit wirkten sich beim Ökostrom noch die Fehler der Vorgängerregierung aus, sagte Habeck. Einst seien in Deutschland fünf Gigawatt Windkraft pro Jahr zugebaut worden, zuletzt aber nur noch ein Gigawatt. „So doof waren wir“, kritisierte der Minister. Es habe eine leistungsfähige Industrie gegeben, die „durch politische Fehlentscheidungen kaputtgemacht“ worden sei. Auch bei der Photovoltaik habe es „nach einem stürmischen Hochlauf einen totalen Abbruch“ gegeben.
„Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir ausreichend Produktionskapazitäten und -standorte für erneuerbare Energien-Anlagen in Deutschland und Europa“, betonte der Minister. Ein Ergebnis des Branchengesprächs sei gewesen, dass die Industrie bereit und auch in der Lage sei, ihre Kapazitäten wieder hochzufahren, damit „das, was in den Gesetzen steht, dann auch verbaut wird“.
Forderungen nach neuen Subventionen gebe es nicht, wohl aber nach „Sicherheit in der Auftragslage“, betonte Habeck. „Wenn die Unternehmen neue Fabriken hochziehen, dann macht man das nicht für drei Jahre“, sondern nur, wenn klar sei, „dass dieser Prozess weitergeht“.
Hier stehe jetzt die Politik in der Pflicht, sichere Planungen zu ermöglichen, sagte der Grünen-Politiker. Zusätzliches Problem seien die aktuell hohen Rohstoffpreise unter anderem aufgrund der russischen Invasion in der Ukraine. Auf europäischer Ebene werde daran gearbeitet, hier Importe zu sichern.
Positiv sei, dass das komplette Know-How und die Fachkräfte für ein Wiederhochfahren bei Wind- und Solaranlagen in Deutschland vorhanden seien, sagte Habeck. Chancen für kurzfristige neue Genehmigungen böten zudem die erzielten Einigungen für Standorte im Umfeld von Funkanlagen und beim Naturschutz.
„Das Abwandern von Produktionskapazitäten und damit auch Arbeitsplätzen und technischem Know-how aus Deutschland und Europa muss ein Ende haben“, erklärte die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energien, Simone Peter, nach dem Branchengespräch mit Habeck. Dafür sei der Ansatz richtig, dass „der Heimatmarkt der Erneuerbaren-Energien-Technologien durch entsprechende Rahmenbedingungen wieder gestärkt wird“.
Die Produktion in Europa sei dann attraktiv, wenn die hier produzierten Anlagen auch Abnehmer fänden und auch wirtschaftlich zu betreiben seien, betonte Peter weiter. Darüber hinaus müssten aber nun „für den Zubau der Erneuerbaren dringend die benötigten Flächen bereitgestellt werden“.