Betreiber von Windparks dürfen dazu verpflichtet werden, Gemeinden und Anwohnern eine Beteiligung an den Anlagen oder einen Ausgleich anzubieten. Das entsprechende Gesetz aus Mecklenburg-Vorpommern sei größtenteils mit dem Grundgesetz vereinbar, erklärte das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag in Karlsruhe. Das Gemeinwohl – der Schutz vor den Folgen des Klimawandels – wiege hier schwerer als der Eingriff in die Berufsfreiheit. (Az. 1 BvR 1187/17)
In dem Bundesland trat 2016 das sogenannte Beteiligungsgesetz in Kraft. Demnach müssen Betreiber vor dem Bau eines Windparks von mehr als 50 Metern Höhe eine Projektgesellschaft gründen sowie Gemeinden, Bürgerinnen und Bürgern im Umkreis von fünf Kilometern mindestens ein Fünftel der Anteile zum Kauf anbieten, wobei ein Anteil nicht mehr als 500 Euro kosten darf.
Ersatzweise können sie Kommunen auch eine Ausgleichszahlung anbieten und den Bürgern ein Sparprodukt. Mecklenburg-Vorpommern wollte so mehr Akzeptanz für Windenergie schaffen. Zum Ausgleich für mögliche Beeinträchtigungen sollten Bürgerinnen und Bürger „durch die Windenergieanlagen die Möglichkeit erlangen, an deren Wertschöpfung teilzuhaben“.
Gegen diese Neuregelung zog ein Windparkbetreiber nach Karlsruhe. Er sah seine Berufsfreiheit und das Recht auf Eigentum verletzt und fand außerdem, dass die Regelung nicht vom Land habe beschlossen werden dürfen. Das Bundesverfassungsgericht ist aber anderer Auffassung: Mecklenburg-Vorpommern habe hier die Gesetzgebungskompetenz, erklärte es.
Zwar bedeuteten die Regelungen einen Eingriff in die Berufsfreiheit. Dieser Eingriff sei aber überwiegend gerechtfertigt. Der Ausbau erneuerbarer Energien diene dem Schutz von Grundrechten vor den Gefahren des Klimawandels und außerdem der Sicherung der Stromversorgung.
Dabei hielt das Gericht es nicht für entscheidend, dass eine einzelne Maßnahme „für sich genommen im Vergleich zur global emittierten Gesamtmenge von CO2 geringfügig“ sei. Die Bedeutung hänge bei Maßnahmen von Ländern oder Kommunen, „insbesondere denen mit Pilotcharakter“, auch von der Strommenge ab, die durch ähnliche Maßnahmen erzielt werden könne.
„Kein Staat kann die globale Erwärmung allein verhindern“, erklärte das Gericht. Aber jede Maßnahme, die auf die Reduzierung von Treibhausgasemissionen gerichtet sei, könne Leben und Eigentum schützen. Es wies die Verfassungsbeschwerde des Windparkbetreibers größtenteils ab.
Nur eine kleine Regelung hielt es für unverhältnismäßig – nämlich die Pflicht, Gemeinden auch dann sofort nach der Genehmigung umfassend über die wirtschaftlichen Daten zu informieren, wenn statt einer Beteiligung eine Ausgleichzahlung angeboten wird. Diese erklärte es für nichtig.
Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschafts- und Energieminister Reinhard Meyer (SPD) erklärte, das Land habe früh erkannt, „dass für das Gelingen der Energiewende die Akzeptanz der Menschen vor Ort entscheidend ist“. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stütze diese Position und räume alle Bedenken hinsichtlich der verpflichtenden Beteiligung aus.