Russland hat sich zu Sicherheitsgarantien für Getreide exportierende Schiffe aus ukrainischen Häfen bereit erklärt. Dies könne „in Zusammenarbeit mit unseren türkischen Kollegen“ geschehen, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch in Ankara bei einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu. Die Ukraine lehnt es indes aus Angst vor russischen Angriffen ab, den Hafen von Odessa von Minen zu befreien.
Cavusoglu hatte Lawrow in die türkische Hauptstadt eingeladen, um über Exportmöglichkeiten für Getreide zu verhandeln, das derzeit wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in den Schwarzmeerhäfen des Landes blockiert ist. In Russland und der Ukraine werden rund 30 Prozent der globalen Getreidemenge angebaut.
„Wenn die ukrainische Seite bereit ist, eine Durchfahrt an den Minen vorbei zu sichern, dann kann diese Frage gelöst werden“, sagte Lawrow. Er erklärte zudem, Russland sei bereit, seinerseits zu „garantieren“, dass sie eine Entfernung von Minen nicht für einen Angriff auf die Ukraine nutzen würde.
Die Ukraine hatte im Vorfeld des türkisch-russischen Treffens erklärt, man sei aus Angst vor russischen Angriffen nicht dazu bereit, den besonders wichtigen Hafen von Odessa von Minen zu befreien, um den Export von Getreide zu ermöglichen. „Sobald die Zufahrt zum Hafen von Odessa von Minen geräumt wird, wird die russische Flotte dort sein“, sagte der Sprecher der Regionalverwaltung von Odessa, Serhij Bratschuk, in einer Videobotschaft im Online-Dienst Telegram.
Über die blockierten Getreideexporte aus der Ukraine sprach am Mittwoch laut Bundeskanzleramt auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Beide hätten laut einer Mitteilung übereingestimmt, „dass alles getan werden müsse, um den Getreideexport aus der Ukraine, insbesondere auf dem Seeweg, zu ermöglichen“.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow spielte am Mittwoch die Bedeutung ukrainischen Getreides für die globale Nahrungsmittelversorgung herunter. Die „ukrainische Krise“ habe die Ernährungskrise in der Welt weder verursacht noch beschleunigt, erklärte er in Moskau vor Journalisten.
Der türkische Außenminister Cavusoglu erklärte nach seinem Treffen mit Lawrow in Ankara die Forderung Russlands nach einer Aufhebung der Sanktionen gegen russische Agrarprodukte für „legitim“. „Wenn wir den Weltmarkt für ukrainisches Getreide öffnen müssen, dann sehen wir die Entfernung von Hindernissen für russische Exporte als legitime Forderung an“, sagte Cavusoglu.
Die Türkei hatte vor dem Treffen auf Bitten der Vereinten Nationen angeboten, trotz der teils auch nahe der türkischen Küste entdeckten Seeminen im Schwarzen Meer maritime Konvois aus ukrainischen Häfen zu eskortieren. Dafür könnte die Türkei eine finanzielle Gegenleistung bekommen: Laut dem von mehreren Zeitungen zitierten türkischen Landwirtschaftsminister Vahit Kirisci hat Ankara eine Vereinbarung mit Kiew getroffen, wonach die Türkei Getreide für einen Rabatt von 25 Prozent unter dem Marktpreis bekommt.
„Wir sprechen über eine Vorgehensweise, die unter Beteiligung von UNO, Russland, der Ukraine und der Türkei geschaffen werden kann“, sagte Cavusoglu dazu am Mittwoch. Deren Ziel solle sein, einen sicheren Korridor für Getreideexporte zu schaffen. Der UNO-Plan sei „vernünftig“ und „umsetzbar“. Cavusoglu bot ein Treffen in Istanbul an, um Details zu diskutieren.
Lawrows Besuch in Ankara war die zweite Türkei-Reise des russischen Außenministers seit Beginn des Ukraine-Kriegs Ende Februar. Anfang März hatte er in einem Vermittlungsversuch zwischen den Kriegsparteien in Antalya sowohl Cavusoglu als auch den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba getroffen. Die Türkei hat der Ukraine zwar Kampfdrohnen geliefert, achtet jedoch auf eine neutrale Haltung in dem Konflikt gegenüber Russland, von dem es für ihre Energie- und Getreideversorgung abhängig ist.