Die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) hat sich für eine 32-Stunden-Woche als „Neues Normal“ ausgesprochen und zugleich Forderungen nach einer Viertagewoche zurückgewiesen. „Ich fordere nicht die Viertagewoche und eine pauschale Reduktion der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit“, sagte Allmendinger dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe). Deutschland brauche mehr Flexibilität der Erwerbsarbeit über den gesamten Lebensverlauf.
Das „Neue Normal“ sollten 32 Stunden sein, „so dass ein Paarhaushalt die Möglichkeiten hat, zum Beispiel die Kinder am Nachmittag abzuholen, zum Sport und zu anderen Tätigkeiten zu bringen oder Ältere zu pflegen“. Als ideales Modell nennt die WZB-Präsidentin eine Fünftagewoche mit mehr Freiheit. „Für die Frauen würde das eine Erhöhung der Arbeitszeit bedeuten“, erklärte die Soziologin.
„Das wäre auch wichtig, damit sie finanziell auf eigenen Füßen stehen – auch mit Blick auf eine auskömmliche Rente.“ Den Arbeitgebern warf Allmendinger eine „Milchmädchenrechnung“ vor: „Auf Arbeitgeberseite steht die Vollzeiterwerbsgesellschaft aller Erwachsenen im Mittelpunkt.“ Offen bleibe, wer die unbezahlte Arbeit leisten solle.
„Wenn die Betreuung und all die anderen Arbeiten, die jetzt unbezahlt zu Hause geleistet werden, ausgelagert und auf dem Markt angeboten werden würden, würde dies einen Fachkräftemangel erzeugen, gerade in den Berufen, wo dieser schon jetzt mit am höchsten ist“, erklärte die WZB-Präsidentin. Die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz, eine Grundsatzdebatte über die Leistungsbereitschaft in Deutschland zu starten, wies Allmendinger zurück: „Das ist zynisch und stößt viele Menschen vor den Kopf.“ Sie selbst leite ein großes Institut mit vielen Mitarbeitenden.
„Alle haben Lust auf Leistung“, sagte die Soziologin. Und viele hätten Kinder oder Eltern, die ihre Zuwendung brauchen. „Ich verstehe nicht, warum der Leistungsbegriff so eingeengt werden muss und damit die viele anderen Arbeiten ohne jede Anerkennung bleiben“, sagte Allmendinger.