So viel Stimmung war seit Monaten nicht im EU-Parlament: Überraschend hat am Mittwoch die Mehrheit der Abgeordneten in Straßburg gegen Teile des Klimapakets gestimmt. Bei den Abstimmungen ging es unter anderem um die Ausweitung des europäischen Emissionshandels (ETS) und die Einführung einer CO2-Grenzabgabe. Diese Vorschläge hatte die EU-Kommission vergangenes Jahr als Teil des von der EU angestrebten Klimapakets gemacht.
Eigentlich sollte es bei den Abstimmungen in Straßburg vor allem um Details gehen. Das Parlament wollte seine Position für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten darüber festlegen, wie die EU bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um 55 Prozent verringern kann. Der Umweltausschuss des Parlaments hatte bereits Mitte Mai der Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf die Bereiche Verkehr und Gebäude zugestimmt.
Auch für eine CO2-Grenzabgabe für Importe bestimmter Produkte wie Stahl und Zement aus Ländern mit niedrigeren Klimaschutzstandards als in der EU hatten sich die Ausschussmitglieder nach langen Verhandlungen ausgesprochen.
Doch nun muss zwischen den Fraktionen neu verhandelt werden. Die Mehrheit der Abgeordneten lehnte am Mittwoch eine ETS-Reform ab und stimmte danach dafür, das Dossier zurück an den Umweltausschuss zu verweisen. Auch die inhaltlich verwandten Teile über eine CO2-Grenzabgabe sowie über die Einrichtung eines Klima-Sozialfonds zur Entlastung einkommensschwacher Haushalte wurden nicht angenommen und gingen zurück an den Ausschuss.
Zuvor hatte es eine knappe Stunde lang Abstimmungen über Änderungsanträge gegeben, deren Ergebnisse besonders den Grünen und den Sozialdemokraten nicht gefielen. Unter anderem hatte das Plenum einen Änderungsantrag der konservativen EVP-Fraktion angenommen, der beinhaltete, dass die Einführung einer CO2-Grenzabgabe bis zum Jahr 2034 vollständig umgesetzt werden sollte. Für die CO2-Grenzabgabe hatten die Sozialdemokraten und die liberale Renew-Fraktion 2032 vorgeschlagen.
Daraufhin wurde die Stimmung angespannter im Plenum und die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Iratxe Garcia, bat um eine kurze Pause. Direkt danach stimmten 340 Abgeordnete gegen die ETS-Reform, 265 dafür und 34 enthielten sich.
Die Europäische Volkspartei (EVP), zu der auch Abgeordnete der CDU und CSU gehören, habe „mit der rechten Seite des Hauses versucht, den Kommissionsvorschlag zu verwässern, wo es nur möglich war“, erklärte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. Für das Ziel des Pariser Abkommens von maximal 1,5 Grad Erderwärmung „bedeutet das eine große Portion Hoffnung. Die Verhandlungen müssen von vorne beginnen“, erklärte der Europaabgeordnete Michael Bloss (Grüne).
„Es ist ein schlechter Tag für das Europäische Parlament“, sagte der CDU-Abgeordnete Peter Liese direkt nach der Ablehnung. Er hatte die ETS-Reform federführend im Parlament betreut. Die Ablehnung werde den Einfluss des Parlaments in den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten „reduzieren“.