Schauspielerin Senta Berger zweifelt am Erfolg der MeToo-Bewegung. „Es hätte eine tiefgreifende Diskussion sein können: Aber die war es nur zum Teil“, sagte Berger der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). „Zum Teil ging es stark in den Voyeurismus, in die Boulevardisierung der Situationen, die Frauen geschildert haben. Es gab eine Art von öffentlicher Geilheit, die der Sache nicht gutgetan hat.“
Berger bezweifelt die Breitenwirkung der Debatte: „Die Öffentlichkeit hat nur über unsere öffentliche Branche gesprochen. Aber was passiert im Büro? Wehrt sich ein Zimmermädchen, wenn der Chef handgreiflich wird? Ich fürchte nein“, sagte die Schauspielerin.
„Dabei hat sich viel bewegt – nur nicht so viel, wie wir gedacht haben.“ In ihrer Autobiografie hatte Berger bereits lange vor der MeToo-Bewegung von Übergriffen berichtet, die sie durch zahlreiche prominente Filmstars erlitten hatte. Für wenig hilfreich hielt Berger auch einen Verhaltenskodex, mit dem die Deutsche Filmakademie das Arbeitsklima in der Branche verbessern will: „Ich glaube, wir brauchen keinen Kodex, um zu wissen, was Anstand bedeutet“, sagte Berger.
Der Filmakademie warf sie vor, dem Zeitgeist zu folgen: „Ich habe den Eindruck – er mag falsch sein und meinem Alter entsprechen -, dass in der Filmakademie `gegendert` wird, weil man das jetzt eben so macht. Ob es inhaltlich richtig ist, wage ich zu bezweifeln“, so Berger. Dabei sprach die Schauspielerin sich auch gegen eine aus den USA importierte politische Korrektheit aus: „Kubricks `Lolita`? So ein Film gilt in den USA jetzt als pädophil und ist indiskutabel. In Deutschland ist das eigentlich gar nicht unsere Haltung. Aber weil wir medial mit Amerika so verflochten sind, übernehmen wir es“, sagte Berger. „Das ist nicht gut. Wir verleugnen uns.“