Die Bundesregierung sieht wenig Chancen, die Pläne der EU-Kommission zur Einstufung der Atomkraft als förderwürdig auf dem Klageweg zu stoppen. Eine Klage wäre nur möglich, wenn die EU-Kommission mit der Regelung ihren Kompetenzbereich überschritten hätte – nicht aber gegen den Inhalt der Regelung, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. „Da scheint die Europäische Kommission rechtlich auf sicherem Terrain.“
Im Namen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte Hebestreit Kritik an den Plänen der EU-Kommission. „Die Einschätzung zu Atomkraft lehnen wir ausdrücklich ab“, sagte er. Deutschland halte weiter an dem geplanten Atomausstieg fest.
Die geplante Einstufung von Gaskraftwerken als förderwürdig hingegen stehe durchaus „im Einklang“ mit der Haltung der Bundesregierung, weil solche Kraftwerke als Brückentechnologie bei der Umstellung auf Erneuerbare Energie benötigt würden, sagte Hebestreit. Allerdings hätte es eine solche Einstufung aus Sicht von Scholz und seiner Regierung „nicht gebraucht“, fügte er hinzu.
Die Bundesregierung werde die Vorschläge der EU-Kommission nun „intensiv“ prüfen und dann zu einer „abgestimmten Haltung“ kommen, sagte der Sprecher.
Der Wortwahl von Grünen-Kabinettsmitgliedern, welche die Einstufung von Atomenergie als „Greenwashing“ kritisiert hatten, wollte sich Hebestreit im Namen von Scholz nicht anschließen. „Der Kanzler ist niemand, der anfängt, die Äußerungen seiner geschätzten Kabinettskollegen zu bewerten“, sagte Hebestreit.
Die EU-Kommission hatte in der Neujahrsnacht ihren Verordnungsentwurf zur sogenannten Taxonomie an die Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten geschickt. Die Taxonomie ist eine Art Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten und kommt einer Einstufung als förderwürdig und einer Empfehlung an Investoren gleich. Brüssel schlägt unter anderem vor, Investitionen in neue Atomkraftwerke oder zur Laufzeitverlängerung von bestehenden Anlagen unter bestimmten Umständen als nachhaltig und klimafreundlich zu klassifizieren.