Die Aussicht auf eine schnelle Einführung einer erweiterten Corona-Impfpflicht scheint vor der Bund-Länder-Konferenz am Freitag gesunken. Die Impfpflicht wurde in einer der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag vorliegenden Beschlussvorlage für das Spitzentreffen nicht erwähnt, die SPD-Fraktion rechnet erst bis Ende März mit dem Abschluss des Gesetzesgebungsprozesses. Widerstand gibt es vor allem gegen ein Impfregister – manche ziehen den Nutzen der Impfpflicht sogar komplett in Zweifel.
Aus Parlamentskreisen verlautete, dass sich die Beratungen im Bundestag zur Einführung einer erweiterten Corona-Impfpflicht verzögern. Demnach soll es Ende Januar eine „Orientierungsdebatte“ geben, konkrete Gesetzentwürfe sollen erst Mitte Februar diskutiert werden.
Die Fraktionen im Bundestag planen, über das umstrittene Thema Impfpflicht ohne Fraktionszwang abstimmen zu lassen – die Abgeordneten sind nur ihrem Gewissen verpflichtet. Die Anträge sollen fraktionsübergreifend erarbeitet werden.
Ein Antrag gegen eine ausgeweitete Impfpflicht liegt bereits seit Dezember vor; er wurde von einer Gruppe um den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki ausgearbeitet. Nach AFP-Informationen sind derzeit mindestens zwei weitere Anträge in Arbeit: einer sieht eine abgestufte Impfpflicht vor, die in erster Linie besonders gefährdete Gruppen zur Impfung verpflichtet. Ein weiterer Antrag sieht eine weitgehende Impfpflicht für alle impfbaren Erwachsenen vor.
Wie die Impfpflicht kontrolliert werden soll, ist ebenfalls unklar. Während sich vor allem die Union für ein Impfregister ausspricht, sind fast alle anderen Bundestagsfraktionen skeptisch. Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Maria Klein-Schmeink warnte in der „Welt“: „Vor allem die Erfassung aller bereits geimpften Personen würde einen enormen bürokratischen Aufwand bedeuten.“
Die Linke-Gesundheitspolitikerin Kathrin Vogler sprach sich in der „Welt“ für stichprobenartige Kontrollen aus. Dies ist auch die favorisierte Lösung des Deutschen Landkreistags.
Der FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle sagte der Zeitung, die Einwohnermeldeämter der Kommunen verfügten schon heute über die „nötigen“ Daten. Sie könnten jedem Bürger und jeder Bürgerin einen „konkreten Terminvorschlag“ für eine Impfung zuschicken. Der Deutsche Landkreistag befürchtete dabei jedoch einen „völlig überflüssigen und überbordenden bürokratischen Aufwand“ für seine Mitglieder.
Unterdessen unterstrich der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, seine ablehnende Haltung: „Impfen ist das wirksamste Instrument im Kampf gegen das Virus. Trotzdem halte ich nach wie vor nicht viel von einer Impfpflicht“, sagte Gassen der „Rheinischen Post“. Es gebe allein schon zu viele organisatorische Hindernisse, um dieses Vorhaben in kurzer Zeit starten zu können. Bis rechtliche und logistische Fragen geklärt seien, „ist die Corona-Gefahr vermutlich wirklich vorbei.“
Ein weiteres Problem sei die nachlassende Wirksamkeit des Impfstoffes: „Man kann den Leuten nicht ernsthaft eine Impfpflicht auferlegen und dann feststellen, dass die Wirkung des Impfstoffes immer nur ein paar Monate hält“, sagte Gassen der Zeitung weiter. Durch die Impfpflicht werde „letztlich keine relevante Erhöhung der Impfquote im Vergleich zu einer intensiven Impfkampagne, flankiert von Maßnahmen wie 2G“ erreicht.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wollte das nicht gelten lassen. Die Folgen des Nichtimpfens seien „für die gesamte Gesellschaft so dramatisch, dass das Impfen immer noch das mildere Mittel ist – selbst wenn man sich alle drei oder vier Monate boostern lassen müsste“, sagte Kretschmer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Wie lange ein Impfstoff wirke, „kann da nicht die zentrale Frage sein“.
Der sächsische Regierungschef betonte: „Wir müssen die Menschen, die sich partout nicht impfen lassen wollen, aus ihrer Ecke herausholen.“ Die wissenschaftlichen Fakten seien eindeutig: Impfstoffe seien gut verträglich und schützten sehr gut. „Impfverweigerer schaden nicht nur sich selbst, sondern der gesamten Gesellschaft.“