Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat die Parlamentsdebatte über die Politik der Bundesregierung zur Verkündung guter Nachrichten genutzt. Die Nettokreditaufnahme sei im vergangenen Jahr um 24,8 Milliarden Euro geringer ausgefallen als im Haushalt veranschlagt, sagte der Minister am Freitag im Bundestag. Lindner verteidigte zugleich die umstrittene Übertragung weiterer nicht benötigter Kreditermächtigungen in den Energie- und Klimafonds der Regierung.
Das Plus von 24,8 Milliarden Euro im Vergleich zum Etat ist nach den Worten Lindners das Ergebnis des vorläufigen Kassenabschlusses für 2021. Im Haushalt für das vergangene Jahr waren wegen der Corona-Pandemie neue Schulden von 240 Milliarden Euro eingeplant gewesen. Davon wurde ein Teil aber nicht benötigt. „Wir tun, was nötig ist, aber es wird nicht ausgereizt, was möglich wäre“, sagte dazu Lindner.
Er hatte bereits im Dezember einen Nachtragshaushalt für 2021 vorgelegt, mit dem 60 Milliarden Euro nicht benötigter Kreditermächtigungen in den Energie- und Klimafonds übertragen werden. Dieser soll als neuer Klima- und Transformationsfonds vor allem zur Finanzierung des klimafreundlichen Umbaus von Energieerzeugung und Wirtschaft dienen. Lindner sagte dazu, das Geld solle eingesetzt werden, um wegen der Corona-Krise ausgefallene Investitionen nachzuholen und damit „Impulse zur wirtschaftlichen Belebung nach der Pandemie“ zu setzen.
„Für die regulären Vorhaben der Koalition soll aber 2023 wieder die Schuldenbremse gelten“, bekräftigte der Minister in seiner Rede weiter. So würden „Investitionen in die Zukunft mit der Disziplin bei Konsumausgaben in der Gegenwart“ verbunden. Die Schuldenquote solle in den kommenden Jahren wieder sinken.
Offenheit signalisierte Lindner für eine „Weiterentwicklung“ des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Im Grundsatz solle dieser aber bestehen bleiben. Der Pakt habe sich „mit seinen Fiskalregeln und seiner Flexibilität im Kern bewährt“ und bleibe „Voraussetzung für Stabilität“ in Europa.
Lindner bekräftigte die von der FDP in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzte Absage an Steuererhöhungen. Er halte es nicht für ratsam, Entlastungen kleiner Einkommen zu koppeln an Belastungen für den Mittelstand. Allerdings wolle er schärfer gegen Steuerhinterziehung vorgehen, kündigte Lindner an: „Nicht Steuern erhöhen, sondern Steuerrecht durchsetzen, darum geht es mir.“
Auch werde Geld zur Verfügung stehen für Vorhaben der Koalition wie die vollständige Steuerfreistellung von Rentenbeiträgen, ein Corona-Steuergesetz sowie den Pflegebonus, sicherte Lindner zu. „Stabilität, Wachstum, Innovation und Fairness“ seien die Ziele seiner Finanzpolitik.
Scharfe Kritik an dem Nachtragshaushalt kam erneut aus der Union. „Sie wollen die Mittel nicht zur Pandemiebekämpfung einsetzen, sondern für ganz andere Zwecke und auch zu ganz anderer Zeit“, sagte deren Fraktionsvize Mathias Mittelberg im Bundestag. Er verwies auf Vorwürfe des Bundesrechnungshofs, wonach Lindners Vorgehen nicht mit der Schuldenbremse in der Verfassung vereinbar sei.
Zwar sei „Klimaschutz ein Kernanliegen der Nachhaltigkeit“, räumte Middelberg ein, dies gelte aber auch für „verantwortungsvoll geführte Haushalte“. Daher solle Lindner den im Bundestag eingebrachten Nachtragshaushalt für 2021 wieder zurückziehen, verlangte der CDU-Politiker.
Für die Linke mahnte Gesine Lötzsch eine gerechtere Verteilung von Vermögen in Deutschland an. Sie forderte auch eine Abkehr von der Schuldenbremse. Von einem bevorstehenden „Jahrzehnt der Investitionen“ sprach Lisa Paus (Grüne).