Der neue Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), hat einen differenzierten Blick auf die Teilnehmer von Protesten gegen die Corona-Politik gefordert. „Da muss man klar unterscheiden und darf nicht alle Protestierer in einen Topf werfen“, sagte Herrmann der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ von Freitag.
Solange jemand nur gegen Einschränkungen oder gegen ein Übermaß an Bürokratie und staatliche Regularien protestiere, sei das absolut zulässig. „Diejenigen sind nicht automatisch Extremisten oder Verfassungsfeinde.“
Es gebe aber auch Rechtsextremisten unter den Teilnehmern, von Bundesland zu Bundesland allerdings sehr verschieden, sagte Herrmann. Der Anteil sei in Sachsen, Thüringen oder Brandenburg höher, in Bayern schätze er ihn aber deutlich geringer ein. Diese Teilnehmer müsse der Staat im Auge halten – dies sei ihm als IMK-Vorsitzendem ein besonderes Anliegen: „Insbesondere werde ich mich für eine verstärkte Beobachtung extremistischer Bestrebungen der Szene starkmachen.“
Wegen der vielen unterschiedlichen Teilnehmer gehe er nicht davon aus, dass aus den Corona-Protesten eine Sammlungsbewegung unzufriedener Bürger entstehe. „Dafür ist die Protestszene politisch viel zu heterogen.“ Es gehe „parteipolitisch kunterbunt durcheinander, vermischt mit Esoterikern und Verschwörungstheoretikern. Die werden sich nicht unter einem Dach zusammenfinden, weil ihre sonstigen Auffassungen viel zu unterschiedlich sind.“
Herrmann übernimmt am Freitag offiziell den IMK-Vorsitz, der Wechsel erfolgt turnusgemäß von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Der bayerische Innenminister kündigte auch an, sich kritisch mit dem Dienst Telegram auseinanderzusetzen.
Zurückhaltend äußerte er sich zu einem von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ins Gespräch gebrachten Abschalten von Telegram. „Unabhängig von den rechtlichen Hürden: Mit dem deutschlandweiten Abschalten alleine wäre es nicht getan.“ Denn es sei technisch möglich, auf Server in anderen Teilen der Welt auszuweichen und Telegram trotzdem zu nutzen, warnte Herrmann. Deshalb müsse eine europäische Lösung gefunden werden.