Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sieht eine gesetzliche Verpflichtung für den Handel zum Spenden nicht verkaufter Lebensmittel kritisch. In der Berliner „tageszeitung“ verwies Özdemir darauf, dass nur vier Prozent aller Lebensmittelabfälle in Deutschland im Handel anfielen. Er reagierte damit auf Forderungen und aktuelle Proteste der Gruppe „Aufstand der letzten Generation“.
„Zum einen ist es in Deutschland seit vielen Jahren üblich, dass Supermärkte unverkaufte und noch genießbare Lebensmittel auf freiwilliger Basis an die Tafeln oder andere soziale Einrichtungen abgeben“, argumentierte Özdemir. Zum anderen seien in Frankreich, wo es eine Abgabepflicht gebe, 2019 dennoch 14 Prozent aller weggeworfenen Lebensmittel im Handel angefallen.
Die Gruppe „Aufstand der letzten Generation“, die sich auch für entschiedeneren Klimaschutz einsetzt, blockiert seit Tagen unter anderem Autobahnen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sowie der Chef des Umweltbundesamts, Dirk Messner, äußerten Verständnis für die Ziele der Protestierenden.
Dagegen ging Özdemir auf deutliche Distanz. „Ich glaube, dass Straßenblockaden unserem gemeinsamen Ziel schaden. Gesellschaftliche Mehrheiten gewinnt man ganz sicher nicht, wenn man Krankenwagen, Polizei oder Erzieherinnen auf dem Weg zur Arbeit blockiert“, sagte er der „taz“.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium kündigte allerdings laut der Zeitung an, es wolle Änderungen im Haftungs- und Steuerrecht prüfen, um ein Wegwerfen von Lebensmitteln möglichst zu vermeiden. Zudem werde es „ambitionierte Zielvereinbarungen“ mit der Wirtschaft verabschieden, „damit in jedem Sektor die Lebensmittelabfälle vom Feld bis zum Handel verbindlich reduziert werden“.
Nach Daten der Umweltschutzorganisation WWF wird in Deutschland insgesamt fast ein Drittel des Nahrungsmittelverbrauchs weggeworfen. Die durch Lebensmittelverluste verursachten Treibhausgasemissionen betragen nach Angaben des Umweltbundesamts von 2017 etwa vier Prozent des gesamten deutschen Ausstoßes.