Der Sänger Malik Harris vertritt Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) im Mai in Turin. Harris gewann am Freitagabend mit seiner mit Rap-Elementen ergänzten Popballade „Rockstars“ den deutschen Vorentscheid. Während in dem insgesamt schwachen Vorentscheid mehrere Kandidaten Schwierigkeiten hatten, sich ihren Text zu merken oder die Töne zu treffen, berührte vor allem der Auftritt der ukrainischen ESC-Gewinnerin von 2016, Jamala.
Der 24 Jahre alte Harris zeigte sich nach seinem Sieg beim Vorentscheid zuversichtlich, nun auch beim ESC-Finale Erfolg zu haben. „Es wird Zeit, dass wir mal ein bisschen mehr Punkte holen“, sagte er mit Blick auf die fast durchweg hinteren Plätze Deutschlands in den vergangenen Jahren. Als sein Ziel gab er sogar aus, 40 Jahre nach dem ersten Sieg Deutschlands mit Nicoles „Ein bisschen Frieden“ ganz vorne zu landen: „Ich will schon gewinnen jetzt, auf jeden Fall.“
Der Sohn des Fernsehmoderators Ricky Martin konnte sich in der Summe aus den Stimmen von Radiohörern und Fernsehzuschauern durchsetzen. Nachdem zuletzt Jurys den deutschen ESC-Starter bestimmt hatten, ließ die ARD in diesem Jahr Radiohörer und Fernsehzuschauer abstimmen. In der Abstimmung der Radiostationen lag Harris noch auf Platz zwei hinter dem Duo Mael und Jonas. Weil er aber vom Fernsehpublikum die mit Abstand meisten Stimmen erhielt, konnte er sich am Ende durchsetzen.
Das Interesse der Fernsehzuschauer am Vorentscheid fiel eher gering aus. In der ARD schalteten 2,23 Millionen Menschen ein, was eine Einschaltquote von 8,2 Prozent bedeutete. Die Show lief allerdings auch in den dritten Programmen der ARD, weshalb die Zuschauerzahlen insgesamt einiges höher gelegen haben dürften.
In den sozialen Netzwerken sorgte die Qualität der Vorentscheidsteilnehmer teils für beißende Kritik. So hatten gleich zwei der sechs Starterinnen und Starter Textprobleme, außerdem gab es wiederholt schiefe Töne. Die Verantwortlichen des ESC hatten die sechs Teilnehmer aus 944 Musikern und Bands ausgewählt. Es standen ausschließlich bis dahin weitgehend unbekannte Künstler zur Wahl.
Die von Barbara Schöneberger moderierte Show stand auch im Zeichen des Kriegs in der Ukraine. In einem bewegenden Auftritt sang die ukrainische ESC-Gewinnerin von 2016, Jamala, ihr damaliges Siegerlied „1944“. Jamala, die selbst vor wenigen Tagen aus Kiew geflohen ist, sagte, sie vertrete tausende Frauen und Kinder, die nicht einmal mehr eine Fernsehshow wie diese sehen könnten. Die Menschen müssten zusammenhalten und helfen, den Krieg zu beenden.
Das am 14. Mai stattfindende ESC-Finale ist in Italien, weil im vergangenen Jahr die italienische Band Maneskin den weltweit am meisten beachteten Musikwettbewerb gewinnen konnte. Es wird erwartet, dass die 66. Auflage des ESC die politischste wird. Die Europäische Rundfunkunion untersagte Russland die Teilnahme am ESC-Finale.
Als Favorit in den Wettbüros gilt bereits jetzt die Ukraine. Die Gruppe Kalush Orchestra war mit ihrem Lied „Stefania“ eigentlich nur auf Platz zwei beim ukrainischen Vorentscheid gelandet. Gewinnerin Alina Pash hatte nach Unklarheiten um eine Reise auf die von Russland annektierte Krim im Jahr 2015 verzichtet.
Malik Harris stieg der Internetseite www.eurovisionworld.com zufolge nach seiner Wahl auf dem 22. Platz bei den Wetten auf den ESC-Sieg ein, bei insgesamt 40 Starterländern. Deutschland war in den vergangenen Jahren wiederholt auf einem der hinteren Plätze gelandet, zuletzt wurde vergangenes Jahr Jendrik Vorletzter.