Atomausstieg in Deutschland geht in die Endphase

Symbolbild: Atomkraftwerk
Symbolbild: Atomkraftwerk

Mit der Abschaltung von drei weiteren Atomkraftwerken geht der Atomausstieg in Deutschland am Silvesterabend in die Endphase. Ein Jahr später sollen dann die drei letzten Akw vom Netz gehen. Die Energiewirtschaft dringt auch angesichts des ebenfalls fortschreitenden Kohleausstiegs auf einen rascheren Ausbau erneuerbarer Energien.

Abgeschaltet werden am Freitagabend gemäß den gesetzlichen Vorgaben die Atomkraftwerke Brokdorf (Schleswig-Holstein), Grohnde (Niedersachsen) und Gundremmingen C (Bayern). Für die Akw Brokdorf und Grohnde ist dies nach Angaben des Betreibers Preussenelektra kurz vor Mitternacht vorgesehen, für das Akw Gundremmingen nach Angaben des Betreibers RWE gegen 22.00 Uhr.

Festgelegt wurde dies mit dem Ausstiegsgesetz der schwarz-gelben Bundesregierung nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima 2011. Damit wurde im Kern der Ausstiegsbeschluss der früheren rot-grünen Regierung wiederhergestellt, nachdem Union und FDP zwischenzeitlich eine Laufzeitverlängerung angestrebt hatten.

Vor allem gegen das Akw Brokdorf hatte es seit dessen Bau massiven Widerstand von Atomkraftgegnern gegeben. Nun gehe der Ausstieg „in die letzte Runde“, begrüßte der damalige Anti-Atom-Aktivist und spätere SPD-Politiker Jo Leinen die bevorstehende Abschaltung. Noch bis Ende 2022 bleiben die Akw Emsland (Niedersachsen), Isar 2 (Bayern) und Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) am Netz.

Ebenfalls abgeschaltet werden an diesem Freitag drei kleinere Braunkohlekraftwerke in Nordrhein-Westfalen. Damit wird nach einer ersten Abschaltung Ende 2020 der beschlossene Kohleausstieg weiter umgesetzt. Allerdings dürfte der dazu vorgesehene Ausstiegspfad noch geändert werden, da die neue Bundesregierung einen Kohleausstieg bis 2030 statt wie bisher bis spätestens 2038 anstrebt.

„Die erneuerbaren Energien müssen massiv ausgebaut werden“, drängte vor diesem Hintergrund der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Zudem müsse der Netzausbau weitergehen und es müssten neue effiziente Gaskraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf Basis von Gas für die erforderliche gesicherte Leistung errichtet werden. „Nur so bleiben Versorgungssicherheit bei Strom und bei Wärme gewährleistet“, betonte der Verband.

Allerdings müssten dabei neue Gaskraftwerke „technologisch bereits in der Lage sein, zukünftig Wasserstoff als Energiequelle zu nutzen“, um bis 2045 ebenfalls klimaneutral betrieben werden zu können, forderte der BDEW. Dafür seien nun „die richtigen Rahmenbedingungen und Anreize“, notwendig.

„Wir haben einen riesigen Rückstand bei der Energiewende und beim Erreichen der Klimaschutzziele“, kritisierte Wirtschafts- und Klimastaatssekretär Oliver Krischer (Grüne) im Internetdienst Twitter Versäumnisse der Vorgängerregierung. Vor allem der CDU/CSU warf er eine Blockade des Ökostrom-Ausbaus vor.

SPD-Chefin Saskia Esken zeigte sich überzeugt, dass Deutschland „als Industrienation die besondere Herausforderung meistern“ werde, aus Atom und Kohle auszusteigen. „Dazu werden wir die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen massiv ausbauen“, kündigte die SPD-Parteichefin in den Zeitungen der Funke Mediengruppe an. „Lasst uns unsere ganze Energie auf den raschen Ausbau der Erneuerbaren konzentrieren“, forderte auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Timon Gremmels auf Twitter.

Auf EU-Ebene wird allerdings um die Zukunft der Atomkraft weiter gestritten, die EU-Kommission erwägt sogar deren Einstufung als klimafreundliche Energieform. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) warnte in diesem Zusammenhang vor einer Renaissance der Atomkraft in Europa. „Atomkraftwerke sind und bleiben Hochrisikoanlagen, die hochradioaktiven Atommüll verursachen“, betonte Lemke in den Funke-Zeitungen.

Auch Esken sprach sich strikt dagegen aus, Atomkraft als „grüne“ Energie einzustufen. Aus ihrer Sicht sei deren Nutzung „ein Irrsinn, nicht zuletzt solange das Problem der Endlagerung der radioaktiven Abfälle nicht gelöst ist“.

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