EU-Kommission warnt britische Regierung vor Aufkündigung des Nordirland-Protokolls

London, Großbritannien
London, Großbritannien

Die EU-Kommission hat die britische Regierung eindringlich vor einer einseitigen Aufkündigung des Nordirland-Protokolls gewarnt. „Wenn die britische Regierung diesen Weg ginge, wäre das ein enormer Rückschlag für unsere Beziehungen“, sagte Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic dem „Spiegel“. London würde so nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung in Nordirland sondern auch den Frieden in der Region riskieren.

Das mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU in einem Handelsabkommen vereinbarte Nordirland-Protokoll sieht Grenzkontrollen zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs vor. So soll das Entstehen einer harten Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden.

Die Zollregelungen seien „das Fundament des gesamten Vertragswerks“, sagte Sefcovic, der für die EU-Kommission die Gespräche mit London führt. „Ohne das Protokoll bricht das System zusammen“ – mit „ernsten Konsequenzen“ für die Beziehungen der EU zum Ex-Mitglied Großbritannien.

Die Nordirland-Regelungen sind insbesondere den regierenden Konservativen in Großbritannien sowie den pro-britischen Unionisten in Nordirland ein Dorn im Auge. London nimmt viele der vereinbarten Zollkontrollen deshalb bisher nicht vor und fordert eine grundlegende Überarbeitung. Andernfalls könne das Abkommen einseitig aufgekündigt werden, bekräftigte zuletzt auch die neue Brexit-Ministerin Liz Truss.

Die EU-Kommission hatte London eine rund 80-prozentige Erleichterung bei den Zollkontrollen angeboten. Die grundsätzlichen Bestimmungen des Protokolls und insbesondere die auf britischer Seite unbeliebte Rolle des Europäischen Gerichtshofs bei der Beilegung eventueller Streitigkeiten sind für Brüssel hingegen unverhandelbar. Sollte es keine Einigung in dem Streit geben, droht nach Einschätzung von EU-Diplomaten ein Handelskrieg.

Sefcovic machte der britischen Regierung wegen ihrer Haltung schwere Vorwürfe. Sie habe das Nordirland-Protokoll infrage gestellt, „kaum dass sie es unterzeichnet hatte“, sagte der Slowake dem „Spiegel“. London habe „viel Vertrauen zerstört“. Dass Nordirland derzeit nicht wie Großbritannien von Schwierigkeiten bei der Treibstoff- und Lebensmittelversorgung betroffen sei, zeige zudem, „dass das Nordirland-Protokoll den Menschen dort nützt“.

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