Heusgen: „Putin verklärt das Stalin-Regime“

Wladimir Putin - Bild: Rafael Poch de Feliu/CC BY-NC-ND 2.0
Wladimir Putin - Bild: Rafael Poch de Feliu/CC BY-NC-ND 2.0

Der künftige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Verklärung des Stalin-Regimes vorgeworfen und vor weiteren „Expansionsgelüsten“ Moskaus gewarnt. „Putin lebt in seiner eigenen, nostalgischen Welt, in der internationales Recht kein Maßstab ist“, sagte Heusgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstagsausgaben). „Er verklärt die Sowjetunion und sogar das Stalin-Regime. Er strebt eine Wiederherstellung eines russischen Reiches an, das an die Sowjetunion erinnert.“

Mit dem drohenden Aus der Menschenrechtsorganisation Memorial etwa, die stalinistische Verbrechen in der Sowjetzeit aufarbeitet, wolle Putin ein anderes Geschichtsbild vermitteln, sagte der langjährige außenpolitische Berater von Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter. „Das hat mit dem Russland von Sacharow und Perestroika und Glasnost nichts mehr zu tun.“

Die russischen Militäraktivitäten an der Grenze zur Ukraine bezeichnete Heusgen als besorgniserregend. Putin sehe die USA und Europa durch die Regierungswechsel und nach dem chaotischen Ende des Afghanistan-Einsatzes als geschwächt an und suche nach einem Anlass, in die Ukraine einzumarschieren.

Putins Mahnung, die Nato habe versprochen, sich nach dem Zerfall des Warschauer Paktes nicht nach Osten auszudehnen, sei „reine Propaganda“ und entbehre jeder Grundlage. „Putin weiß das alles genau. Aber seine Argumentation verfängt offensichtlich immer wieder“, sagte der frühere deutsche UN-Botschafter. Putin lehnt eine Osterweiterung der Nato vehement ab und fordert von dem Militärbündnis und den USA Sicherheitsgarantien, um deren militärischen Einfluss in Russlands unmittelbarer Nachbarschaft zu begrenzen.

Heusgen rief Deutschland, Europa und die USA auf, eine klare Haltung gegenüber Moskau einzunehmen: „Eine weiche Reaktion würde Putin als Schwäche interpretieren und seine Expansionsgelüste nur stimulieren.“ Die USA seien derzeit jedoch kaum zu internationaler Konfliktlösung in der Lage. „Die USA stehen vor großen innenpolitischen Herausforderungen“, sagte Heusgen.

US-Präsident Joe Biden wolle umfassende Reformen auf den Weg bringen, sehe sich aber „einer tief gespaltenen Gesellschaft gegenüber, wodurch ihm das Leben schwer gemacht wird“. Der US-Präsident könne der Außenpolitik nur „sehr begrenzt Aufmerksamkeit“ schenken, sagte Heusgen. „Deutschland und die Europäische Union müssen jetzt häufiger in die Bresche springen.“

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