Nach einer wochenlangen Eskalation im Ukraine-Konflikt beginnt in dieser Woche ein Marathon aus Krisentreffen – auch mit deutscher Beteiligung. Diplomatische Anläufe zur Befriedung des Krieges in der Ostukraine hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, große Erfolge blieben dabei aber aus. Ein Überblick über die Entwicklung des Ukraine-Konflikts seit den Maidan-Protesten von 2013:
2013
Im November lässt der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch überraschend ein über Jahre ausgehandeltes Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis legen und wendet sich Russland zu. Die Folge sind wochenlange Massenproteste, vor allem auf dem Maidan in Kiew. Mehr als hundert Menschen sterben.
2014
Am 22. Februar flieht Janukowitsch aus Kiew. Das Parlament enthebt ihn seines Amtes und kündigt eine vorgezogene Präsidentschaftswahl an. Nur wenige Tage später startet Russland eine Militärübung mit 150.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze. Am 28. Februar wirft Kiew dem Kreml eine „bewaffnete Invasion“ auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim vor.
Im März stimmt das Krim-Parlament für den Beitritt zur Russischen Föderation und setzt ein Referendum über die Abspaltung von der Ukraine an. Dabei stimmt nach Angaben der Organisatoren eine Mehrheit von mehr als 95 Prozent für die Angliederung an Russland. Am 21. März nimmt Moskau die Krim offiziell in die Russische Föderation auf. Die USA und die EU verhängen Sanktionen gegen Moskau, die immer wieder verlängert und auch verschärft werden.
Im April besetzen pro-russische Separatisten Verwaltungsgebäude in mehreren Städten der Ostukraine und rufen in den Bezirken Donezk und Luhansk „unabhängige Volksrepubliken“ aus. Es beginnt ein bewaffneter Konflikt, in dem bereits mehr als 13.000 Menschen getötet wurden.
Am 25. Mai gewinnt der pro-europäische Politiker Petro Poroschenko die ukrainische Präsidentschaftswahl. Zwei Tage später unterzeichnen die Ukraine und die EU das von Janukowitsch auf Eis gelegte Assoziierungsabkommen, Russland droht daraufhin mit „ernsten Konsequenzen“.
Am 17. Juli stürzt ein Passagierflugzeug von Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord über der Ostukraine ab, alle Insassen sterben. Regierung und Rebellen werfen sich gegenseitig vor, die MH17 abgeschossen zu haben.
2015
Unter Vermittlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande schließt die ukrainische Regierung am 12. Februar mit den von Moskau unterstützten Separatisten in Gegenwart von Russlands Präsident Wladimir Putin in Minsk eine neue Waffenruhe. Diese hält – ebenso wie alle seitdem ausgehandelten Feuerpausen – nicht.
2018
Im November kommt es zur ersten offenen militärischen Konfrontation zwischen beiden Ländern seit der Krim-Annexion: Russlands Küstenwache beschießt drei ukrainische Marineschiffe in der Straße von Kertsch, einer strategisch wichtigen Meerenge zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer. Mehrere ukrainische Soldaten werden festgenommen, einige von ihnen sind verletzt. Russland und die Ukraine schieben sich gegenseitig die Schuld für die Konfrontation zu; Poroschenko warnt vor einem „totalen Krieg“. Erst ein Jahr später lässt Moskau die Gefangenen frei und gibt die beschlagnahmten Marineschiffe zurück.
2019
Im April wird der Politikneuling Wolodymyr Selenskyj mit dem Versprechen von Reformen und einer Beilegung des Konfliktes im Osten des Landes zum neuen ukrainischen Präsidenten gewählt. Er kündigt sofort nach seinem Wahlsieg neue Friedensgespräche mit Russland an – kann in den folgenden Monaten aber an der Situation vor Ort nichts entscheidend ändern.
Im Juli fordert US-Präsident Donald Trump Selenskyj zu Korruptionsermittlungen gegen Joe Biden auf, der sich als Herausforderer bei der US-Präsidentschaftswahl abzeichnet. Als Druckmittel soll Trump, dem eine Nähe zu Putin vorgeworfen wird, eine US-Militärhilfe für Kiew in Höhe von 391 Millionen Dollar zurückgehalten haben.
Das US-Repräsentantenhaus leitet deswegen im Dezember ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ein. Der von Trumps Republikanern dominierte Senat spricht Trump letztlich vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs frei.
2021
Im Frühjahr zieht Russland an der Grenze zur Ukraine bis zu 100.000 Soldaten zusammen. Nach heftigen Protesten des Westens und aus Kiew werden diese nach gut drei Wochen wieder abgezogen. Im November beginnt Moskau das gleiche Manöver von vorn, wieder beginnen massive Truppenbewegungen im Grenzgebiet. Diesmal befürchten Kiew und die Nato-Partner ernsthaft eine russische Invasion in der Ukraine.
Moskau dementiert jegliche Angriffspläne und wirft seinerseits Kiew und der Nato „Provokationen“ vor. Von dem Militärbündnis fordert Putin schriftliche Sicherheitsgarantien, darunter den Verzicht auf eine Nato-Osterweiterung.
US-Präsident Biden, der Putin schon einmal als „Killer“ bezeichnet hat und einen deutlich schärferen Kurs gegen Moskau fährt als sein Vorgänger Trump, telefoniert im Dezember zweimal mit Putin. Beide tauschen teils heftige Drohungen aus, erzielen aber keine wirklichen Fortschritte.
2022
Auf der Suche nach einem friedlichen Ausweg aus der Krise beginnt eine intensive Reise- und Telefondiplomatie, an der sich die Regierungen der USA, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und weiterer Nato-Staaten beteiligen. Treffen zwischen US-Außenminister Antony Blinken und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow in Genf sowie zwischen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Kreml-Chef Wladimir Putin in Moskau können die Krise jedoch nicht beilegen.
Auch Beratungen von Regierungsberatern aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine im sogenannten Normandie-Format in Berlin bringen keinen Durchbruch.
Die USA warnen, eine russische Invasion in die Ukraine sei bereits während der bis zum 20. Februar laufenden Olympischen Winterspiele in China denkbar. Für zusätzliche Befürchtungen im Westen sorgt ein belarussisch-russisches Militärmanöver, das am Donnerstag nahe der ukrainischen Grenze begann.
Westliche Staaten verstärken derweil ihre Truppenpräsenz an der Nato-Ostflanke. Auch Deutschland kündigt die Entsendung von 350 weiteren Soldaten nach Litauen an.
Die Ukraine-Krise sorgt für innenpolitische Kontroversen in Deutschland, Teile der Opposition fordern deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. Auch wegen ihrer unklaren Position zur Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 im Falle eines russischen Angriffs auf die Ukraine im In- und Ausland steht die Bundesregierung in der Kritik.