Tausende Facebook-Nutzerinnen und Nutzer haben seit Januar einen Beitrag geteilt, in dem unter anderem behauptet wird, FFP2-Masken schützten nicht vor Viren und müssten nach einer Tragezeit von 75 Minuten entsorgt werden. Der Beitrag ist irreführend. FFP2-Masken schützen vor der Übertragung von Viren, indem sie die Ausbreitung von Aerosolen verhindern. Außerdem können sie mit Unterbrechung länger als 75 Minuten benutzt werden.
Tausende Facebook-User (hier, hier) haben im Februar erneut ein bereits zuvor verbreitete Behauptung (hier, hier, hier) mit verschiedenen irreführenden und falschen Behauptungen über FFP2-Masken geteilt. Auf Telegram sahen Zehntausende Menschen die Behauptungen.
Die Behauptungen
Der Beitrag zeigt eine Person, die eine weiße FFP2-Maske über Mund und Nase trägt. Im Text unterhalb des Bildes wird aus der angeblichen Packungsbeilage einer solchen Maske zitiert. Dort heißt es, FFP2-Masken würden nicht vor Viren, Bakterien und Keimen schützen, müssten nach 75 Minuten Tragen weggeworfen werden, seien nicht wiederverwendbar, könnten bei falscher Anwendung Gesundheitsschäden verursachen und seien nicht als Medizinprodukte geeignet.
Zur Schutzwirkung von Masken vor Viren kursieren diverse Falschbehauptungen in sozialen Netzwerken. AFP hat in der Vergangenheit bereits Behauptungen widerlegt, Masken enthielten gefährliche Giftstoffe, erhöhten das Krebsrisiko oder führten zu Sauerstoffmangel bei Kindern.
Das Sharepic nennt keine Quelle oder einen Hersteller der angeblichen Packungsbeilage. Der Vergleich mit anderen Gebrauchsanweisungen für FFP2-Masken (hier, hier) zeigt, dass sich ein Großteil der behaupteten Angaben dort nicht wiederfindet. In manchen Produktbeschreibungen finden sich tatsächlich Einschränkungen, dass Masken nicht direkt vor Viren schützen.
Falsch: FFP2-Masken schützen nicht vor Viren, Bakterien und Keimen
FFP2-Masken schützen nach Erkenntnissen verschiedener Studien (hier, hier) und nach Auffassung von Experten sehr effektiv vor der Übertragung von Viren und Bakterien, indem sie die Ausbreitung von Aerosolen verhindern. Aerosole sind mikroskopisch kleine Flüssigkeitspartikel, die beim Ausatmen in die Umgebung gelangen und Viren und Bakterien beinhalten können.
Gerhard Scheuch ist Physiker und Experte für Aerosole sowie ehemaliger Präsident der Internationalen Gesellschaft für medizinische Aerosolforschung (ISAM). In einem Telefoninterview mit AFP am 16. Februar 2022 erklärte er den Unterschied zwischen Aerosolen und Viren. „Viren und Bakterien unterscheiden sich von Aerosolen ganz erheblich. Viren sind etwa ein Zehntel Mikrometer groß, Bakterien sind wesentlich größere Teilchen, mindestens zehnmal größer als Viren. Das kann man gar nicht zusammenwerfen.“
Die allermeisten zertifizierten FFP2-Masken hielten Viren effektiv zurück, sagte Scheuch. „Viren bewegen sich nicht von selbst, sondern benötigen ein Vehikel, um den menschlichen Körper zu verlassen, die Aerosole. Das sind mikroskopisch kleine Tröpfchen, die in der Lunge gebildet werden und bei der Ausatmung abgegeben werden.“
Die Maschen, die Öffnungen im Stoff der FFP2-Masken, seien zwar größer als Viren, erklärte Scheuch, das Material wirke jedoch elektrostatisch und sauge die Aerosolpartikel förmlich an. Berühren Aerosolpartikel einen Teil der Stofffasern, bleiben sie daran kleben. „Die Tröpfchen haften sehr fest am Material und können auch nicht wieder gelöst werden.“
Zahlreiche Untersuchungen, auch von Scheuch selbst, hätten zudem nachgewiesen, dass das Material von FFP2-Masken Virenaerosole effektiv abfängt. Das Rückhaltevermögen liege bei 95 bis 98 Prozent, sagte er. So gelangt eine aktuelle Studie der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC zu dem Schluss, dass partikelfiltrierende Halbmasken der Standards N95 und KN95, die in ihrer Filterleistung den deutschen FFP2-Masken entsprechen, Viruspartikel zu 95 Prozent effektiv zurückhalten. Bakterienaerosole, sagte Scheuch, ließen sich aufgrund ihrer relativen Größe bereits mit einem einfachen Tuch zurückhalten.
Irreführend: FFP2-Masken müssen nach 75 Minuten Tragen weggeworfen werden und sind nicht wiederverwendbar
Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) empfiehlt für partikelfiltrierende Halbmasken ohne Ausatemventil eine Tragedauer von 75 Minuten. Anschließend sollen Menschen sich bei mittelschwerer Arbeit 30 Minuten ohne Maske erholen. Danach kann die Maske weiter getragen werden und muss nicht entsorgt werden.
Auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) empfiehlt für FFP2-Masken ohne Ausatemventil eine Erholungsdauer von 30 Minuten nach einer Tragedauer von 75 Minuten. Entsorgt werden soll die Maske den Empfehlungen der BAuA zufolge erst nach acht Stunden Tragedauer oder bei Durchfeuchtung. Das bestätigte Aerosolforscher Gerhard Scheuch: Erst bei Durchfeuchtung der Maske sei deren Filterwirkung eingeschränkt und sie müsse gewechselt werden. Einer Studie der Universität Münster zufolge können Masken nach einer Trocknungszeit von sieben Tagen bei Raumluft wiederverwendet werden.
Irreführend: FFP2-Masken können bei falscher Anwendung Gesundheitsschäden verursachen
Die offiziellen Empfehlungen zum Tragen von Masken haben sich seit Beginn der Corona-Pandemie mehrfach geändert. So hieß es noch im März 2020 von Seiten des Robert Koch-Instituts (RKI), es gebe „keine hinreichende Evidenz“ dafür, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) das Risiko einer Ansteckung für gesunde Menschen deutlich verringere. Heute empfiehlt das RKI das Tragen eines MNS in bestimmten Situationen, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren. Auch das CDC in den USA und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehlen Masken, um Infektionen zu verhindern.
Das RKI schließt negative gesundheitliche Auswirkungen insbesondere bei Menschen mit Vorerkrankungen – etwa mit eingeschränkter Lungenfunktion oder älteren Personen – nicht aus. „Das Tragen von FFP2-Masken durch Personen, die diesen Gruppen angehören, sollte möglichst ärztlich begleitet werden“, heißt es auf der Webseite des RKI. Die Tragedauer sollte unter Berücksichtigung der Herstellerangaben individuell festgelegt werden, um mögliche Schäden zu minimieren.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) sowie die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene empfehlen grundsätzlich das Tragen von Masken und halten sie bei richtiger Handhabung für unbedenklich. Sie weisen jedoch auch darauf hin, dass bei falscher Anwendung Gefahren für spezielle Gruppen wie Menschen mit Vorerkrankungen oder Ältere nicht ausgeschlossen werden können.Die DGHM fordert daher, „Patientengruppen differenzierter zu betrachten und den präventiven Gebrauch von MNS oder FFP2 Masken gezielter an die Patientengruppen und Situationen anzupassen“.
Irreführend: FFP2-Masken sind nicht als Medizinprodukte geeignet
Tatsächlich wurden FFP2-Masken ursprünglich für den Arbeitsschutz entwickelt, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf seiner Website schreibt. Sie war etwa im Handwerk als Staubschutzmaske im Einsatz. Praktisch werden FFP2-Masken seit Jahren auch im medizinischen Bereich genutzt.
Die BAuA empfahl bereits 2006 das Tragen von FFP2-Masken für Mitarbeiter im Gesundheitswesen und im Rettungsdienst beim Umgang mit infektiösen Patientinnen und Patienten. 2014 schrieb die BAuA in einer Empfehlung: „In der Regel stellt das Tragen einer gut angepassten FFP2-Maske einen geeigneten Schutz vor infektiösen Aerosolen, einschließlich Viren dar, da davon ausgegangen werden kann, dass diese an kleinste Tröpfchen oder Tröpfchenkerne gebunden sind.“ Auch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin schrieb in einer Pressemitteilung vom Mai 2020 zu FFP2-Masken: „Sie werden vor allem in medizinischen Einrichtungen zum umfassenden Schutz vor Viren und Bakterien aller Art genutzt.“
Fazit
Die Behauptung, FFP2-Masken schützten nicht vor Viren, Bakterien und Keimen ist falsch. Die Aerosole, in denen sich Viren und Bakterien aus der Atemluft befinden, werden von ihnen mit hoher Effektivität zurückgehalten. FFP2-Masken müssen nicht nach 75 Minuten Tragen weggeworfen werden und sind bei richtiger Handhabung wiederverwendbar. Tatsächlich können sie bei falscher Anwendung unter Umständen bei vorerkrankten Menschen Gesundheitsschäden verursachen. FFP2-Masken werden seit Jahren für den Einsatz im Gesundheitswesen empfohlen.