In Deutschland fehlt für Ausweichen auf Flüssiggas die Infrastruktur

LNG-Tanker - Bild: Jens Schott Knudsen/CC BY-NC 2.0
LNG-Tanker - Bild: Jens Schott Knudsen/CC BY-NC 2.0

Der Ukraine-Krieg hat in Deutschland Sorgen um die Sicherheit der Energieversorgung geweckt. Etwas Abhilfe schaffen könnte der Import von verflüssigtem Erdgas (LNG). Doch in Deutschland fehlt für ein Ausweichen auf LNG die Infrastruktur.

Welche Vorteile hat LNG?

Erdgas in flüssiger Form zu transportieren lohnt sich – denn das Volumen von Erdgas verringert sich in flüssiger Form um das rund Sechshundertfache. Allerdings ändert sich der Aggregatzustand von Erdgas erst bei minus 162 Grad Celsius – der Transport und die Wiederaufbereitung sind also energieintensiv und technisch anspruchsvoll.

LNG bietet außerdem eine Alternative zu Erdgas, das per Pipeline importiert wird. So kann auch in Ländern gekauft werden, die sehr weit von der EU entfernt liegen. Damit wird das Angebot vergrößert, der Wettbewerb wird gestärkt. Eine Diversifizierung der Gasversorgung bedeutet außerdem eine größere Unabhängigkeit und Widerstandskraft, sollte ein Teil des Angebots wegbrechen – so wie es nun mit den russischen Gasimporten passieren könnte.

Welche Infrastruktur wird benötigt?

LNG-Terminals ermöglichen die Abfertigung von LNG-Tankern und den Prozess der Regasifizierung. Durch Erwärmung und Verdichtung wird LNG dabei wieder in seinen gasförmigen Zustand gebracht und anschließend in Hochdrucknetze für den Handel oder den Weitertransport eingespeist. LNG kann an entsprechenden Terminals außerdem auf kleinere Schiffe, Lastwagen oder Güterwaggons verladen werden.

Verfügt Deutschland über diese Infrastruktur?

Deutschland verfügt über keine eigenen LNG-Terminals, ein direkter Import ist also nicht möglich. Bisher wird das LNG in Deutschland über Terminals im belgischen Zeebrügge, im französischen Dünkirchen und im niederländischen Gate bezogen.

Wegen des Ukraine-Krieges hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einer Regierungserklärung den beschleunigten Bau von zwei LNG-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven angekündigt. Als Standort im Gespräch ist auch ein Terminal in Stade. Europaweit gibt es aktuell 37 LNG-Terminals, 26 davon liegen in Mitgliedstaaten der EU.

Wieviel LNG importiert die EU?

Im Jahr 2020 importierte Europa laut Zahlen des Energiekonzerns BP knapp 115 Milliarden Kubikmeter LNG. Wichtigster Handelspartner war laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe mit 27,1 Milliarden Kubikmeter Katar. Die USA lieferten 22,5 Milliarden Kubikmeter nach Europa, aus Russland kamen weitere 17,1 Milliarden Kubikmeter. Auch aus Nigeria, Algerien und Norwegen importierte die EU größere Mengen LNG. Laut der EU-Kommission decken die Importe rund ein Viertel des europäischen Gasbedarfs.

Zuletzt stiegen die europäischen LNG-Importe deutlich an: Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) importierte die EU im Januar 2022 mindestens 8,1 Millionen Tonnen LNG – ein monatliches Rekordhoch. Die zunehmende Nachfrage macht Produktion und Export von LNG attraktiver – die USA verfügen bereits über mehr als 160 Export-Terminals, gut ein Dutzend weitere Terminals befinden sich in der Planung oder im Bau. Laut der Förderbank KfW könnten die USA bis 2024 so zum größten LNG-Exporteur der Welt werden.

Was kostet LNG?

Die Versorgung mit LNG könnte teuer werden: Der Preis für LNG liegt aufgrund des aufwendigen Transports und der Wiederaufbereitung meist über dem Preis für Pipeline-Gas. Zudem sind die großen Kontingente in langfristigen Lieferverträgen gebunden – gekauft werden muss also am Spotmarkt.

Hier ist die Konkurrenz insbesondere mit Asien hoch, wo Kohle durch Gas ersetzt werden soll. Um mehr LNG zu erhalten, muss also ein höherer Preis als in Asien geboten werden – doch in Japan lag der LNG-Preis im Jahr 2020 beispielsweise fast doppelt so hoch wie die deutschen Gas-Importpreise. Zuletzt sorgten die steigenden Gaspreise in Europa jedoch für eine abnehmende Preisdifferenz.

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