Porträt: Boris Rhein übernimmt in Hessen das Ruder

Hessischer Landtag - Bild: Volker Watschounek
Hessischer Landtag - Bild: Volker Watschounek

Boris Rhein steht mit seinen 50 Jahren vor dem bisherigen Höhepunkt seiner politischen Karriere. Der Präsident des hessischen Landtags soll ab dem 31. Mai Volker Bouffier (CDU) als Ministerpräsident und ab dem 1. Juli als CDU-Landeschef beerben. Der 70-Jährige tritt noch vor Ende der Legislaturperiode zurück, wie er am Freitag beim achten Künzeller Treffen der hessischen CDU in Fulda mitteilte. Nach einem Knick in der Karriere 2012 dürfte das eine Genugtuung für Rhein sein. Vor allem, weil das Verhältnis zwischen Bouffier und Rhein nicht das Beste sein soll.

Sein Name wurde in den vergangenen Wochen, als die Spekulationen um Bouffiers Zukunft lauter wurden, immer wieder genannt. Dennoch ist Rheins Nominierung eine kleine Überraschung. Zu den anderen aussichtsreichen Kandidaten zählte unter anderem die  Fraktionsvorsitzende Ines Claus, die im Januar als Nachfolgerin Bouffiers in den CDU-Bundesvorstand gewählt wurde.

Rhein engagierte sich ab 1990 zunächst in der Jungen Union (JU). Zwischen 1996 und 2002 war der verheiratete Vater von zwei Söhnen Mitglied des Landesvorstands der JU. Von 2008 bis 2012 war er Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Frankfurt am Main. 1999 wurde Rhein zum ersten Mal in den Wiesbadener Landtag gewählt. Dort blieb er bis 2006. Nach der Landtagswahl 2013 kehrte er als Abgeordneter zurück.

Der damalige Innenminister Bouffier machte den Juristen Rhein 2009 zum Staatssekretär in seinem Ministerium. Nachdem er 2010 selbst Ministerpräsident wurde, stieg Rhein zum Landesinnenminister auf. In diesem Amt war der als konservativ geltende Rhein umstritten. Er gilt als Befürworter der Vorratsdatenspeicherung. Zudem sprach er sich für eine Verschärfung des Strafgesetzbuches aus, um Gewalt gegen die Polizei härter zu bestrafen. Für islamistische Hassprediger forderte er Abschiebungen.

2014 wechselte Rhein ins Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Nach der Landtagswahl 2019 wurde er einstimmig zum Landtagspräsidenten gewählt. In diesem Amt zeigte er sich von einer jovialen und eher staatstragenden Seite. Er habe als Präsident „die große Chance, Menschen und Themen zusammenzubringen“, sagte Rhein im Sommer in einem Interview.

Sein größter Misserfolg war die Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt am Main im März 2012, bei der er kandidierte. Obwohl er im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erreicht hatte, unterlag er in der Stichwahl seinem Konkurrenten Peter Feldmann (SPD) mit deutlichem Abstand. Danach galt er innerhalb der CDU als angeschlagen. „An der Niederlage hatte ich zu knabbern“, sagte er Jahre später. Doch Rhein, der in seiner Freizeit gerne Rennrad fährt, konnte spätestens als Landtagspräsident wieder an Profil gewinnen.

Rheins Karriere nimmt mit Bouffiers Entscheidung nun eine ganz ähnliche Wendung wie die seines Vorgängers: 2010 hatte der damalige Ministerpräsident Roland Koch (CDU) seinen Rückzug angekündigt und seinen Innenminister Bouffier als Nachfolger vorgeschlagen. Nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten wenige Monate später hatte Bouffier rund drei Jahre Zeit, sich im Amt zu etablieren, bevor er sich den Wählern stellen musste. Ganz so viel Zeit hat Boris Rhein nun nicht: Die nächste Landtagswahl findet voraussichtlich im Herbst 2023 statt.

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