Angekündigt hatte Markus Söder eine Verfeinerung seines Kabinetts – herausgekommen ist der Austausch von drei Ministern und einem Staatssekretär sowie die personelle Neuaufstellung der CSU-Zentrale: Deutlicher als mit diesem Rundumschlag hätte Söder nicht machen können, dass er Angst hat, die Landtagswahl im Jahr 2023 zu verlieren. Von einer „Schicksalswahl“ spricht Söder – die bayerische Opposition nutzt genüsslich die Angriffsflächen, die Söders Personalentscheidungen bieten.
Was Söder an diesem Mittwoch vollzieht, erinnert stark daran, was er Anfang 2020 erfolglos der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geraten hatte: Damals hatte Söder öffentlich empfohlen, die Bundesregierung frühzeitig umzubilden, um mit frischen Gesichtern in die Bundestagswahl 2021 zu gehen.
Auch wegen der kurz danach ausgebrochenen Corona-Pandemie konnte sich Söder nicht durchsetzen. Er selbst hielt als CSU-Chef bis zuletzt an dem wegen vieler Pannen umstrittenen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und an dem ebenfalls viel kritisierten Bundesinnenminister Horst Seehofer fest.
Intern hat Söder die fehlende personelle Erneuerung als einen der Gründe benannt, weshalb CDU und CSU die vergangene Bundestagswahl verloren haben und nun in der Opposition sind. Er selbst will als Ministerpräsident dies nicht wiederholen – seit der Weihnachtspause bastelte er an der personellen Neuaufstellung, die er an diesem Mittwoch vollzog.
Die Begründung für seinen Kabinettsumbau ist dabei nicht auf Anhieb einleuchtend. Denn die entlassenen Minister Bernd Sibler (Wissenschaft), Carolina Trautner (Familie) und Kerstin Schreyer (Bau) würdigte Söder für „sehr gute Arbeit“. Es sei keine Entscheidung gegen jemanden, sondern für jemand anderen. „Veränderungen sind in diesen Zeiten normal“, schob Söder lapidar hinterher.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sieht darin eine rückwärtsgewandte Führungsmentalität. „Führen durch Angst, Führen durch Druck, dieses Verständnis von Leadership ist sowas von aus der Zeit gefallen“, schimpfte Schulze im Landtag. Söder müsse auch seinen Ministern „Raum zum Scheinen“ geben, statt sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Schulze hält Söder auch den sinkenden Frauenanteil in dem von Männern dominierten Kabinett vor.
Andere im Landtag fragen, warum die Minister entlassen wurden, wenn sie so gute Arbeit machen. FDP-Fraktionschef Martin Hagen spricht bei der Kabinettsumbildung von einem „Eingeständnis einer gescheiterten Personalpolitik“. Denn seit der Landtagswahl 2018 komme schon der dritte Bauminister ins Amt und die dritte Familienministerin.
Die Opposition hat erkennbar schon den Faden Söders aufgegriffen, bereits im Februar 2022 den Wahlkampf für die Landtagswahl im September 2023 zu eröffnen. Der neue Wissenschaftsminister Markus Blume – bisher CSU-Generalsekretär -, der neue Bauminister Christian Bernreiter und die neue Familienministerin Ulrike Scharf stehen also unter Druck, rasch Erfolge zu liefern.
Die entscheidenden Fäden laufen künftig aber bei einem Mann zusammen, der in Berlin sitzt. Der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Innenstaatssekretär Stephan Mayer wird neuer CSU-Generalsekretär und damit derjenige, der den Landtagswahlkampf managen muss.
Mayer sei medienerfahren, als Kreisvorsitzender bis heute an die Basis gebunden, außerdem stamme der Altöttinger aus dem ländlichen Raum, sei „konservativ, auch katholisch“, sagte Söder. Dann ergänzte er, dass er mit seinem neuen Generalsekretär die Stammwähler der CSU wieder ansprechen wolle. Auch der in Niederbayern als Landrat tief verwurzelte neue Bauminister Bernreiter – Söder: „ein echter local hero“ – steht dafür.
Vermutlich ist das die zentrale Botschaft Söders: Für die von ihm so bezeichnete Schicksalswahl 2023 will er keine Experimente. Zuletzt lag die CSU in Umfragen um die 35 Prozent – der neue Anzug Söders muss sitzen, um diese Werte nun zum steigen zu bringen.