Angesichts der drastisch steigenden Energiepreise wegen des Ukraine-Kriegs will die Bundesregierung die höheren Kosten für Verbraucher rasch mit zusätzlichen Entlastungsmaßnahmen abfedern – über die genaue Ausgestaltung wird aber noch diskutiert. Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner kündigte am Montag an, dass nun „in sehr kurzer Zeit ein wirksames und effektives Paket“ abgestimmt werden solle; laut SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert soll das Paket noch in dieser Woche geschnürt werden. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will Autofahrer mit einem Spritpreis-Rabatt entlasten.
Kühnert sagte, er nehme „eine komplette Einigkeit unter den Ampel-Parteien wahr, dass noch in dieser Woche Entscheidungen, konkrete, messbare, spürbare Entscheidungen getroffen werden müssen“. Für die nötigen Absprachen gebe es „in dieser Woche einen idealtypischen Ort“, nämlich die Sitzung des Bundeskabinetts. Entscheidungen würden „spätestens am Mittwoch rund um die Kabinettsitzung“ fallen.
Für die SPD sei zentral, dass tatsächlich die Bürgerinnen und Bürger entlastet würden, insbesondere diejenigen Haushalte, die wegen der hohen Energiepreise „ohne eigene Schuld finanziell überfordert werden“, sagte Kühnert. Es solle hingegen „kein Konjunkturförderprogramm für die Mineralölwirtschaft“ geben, unterstrich er.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bereits am Sonntagabend ein weiteres Entlastungspaket für Verbraucher angekündigt. Konkrete Maßnahmen sollten die „verschiedenen Energieträger“ in den Blick nehmen, sagte er in der ARD-Talkshow „Anne Will“. Außerdem müssten sie mit „Effizienzmaßnahmen“ und „Anreizen“ verknüpft werden, um den Verbrauch insgesamt zu reduzieren.
Linder sagte am Montag, die Bürger und die Wirtschaft dürften mit steigenden Preisen nicht allein gelassen werden. Deshalb habe er den Vorschlag für einen „Krisenrabatt“ bei Kraftstoffen unterbreitet, der jetzt in der Koalition beraten werde. Die „Bild“-Zeitung hatte zuvor berichtet, Lindner wolle erreichen, dass Autofahrer beim Bezahlen an der Tankstelle den Rabatt erhalten; den Tankstellenbetreibern solle der Rabattbetrag anschließend vom Bund erstattet werden. Die konkrete Höhe des Rabattbetrages stehe aber noch nicht fest. Er könne womöglich bei 20 Cent je Liter liegen, möglicherweise auch darüber.
Der finanzpolitische Sprecher der oppositionellen Linksfraktion im Bundestag, Christian Görke, kritisierte einen möglichen Tank-Rabatt als unzureichend. „Eine Mehrwertsteuersenkung wäre viel besser“, forderte er. „Wenn die Preise weiter steigen, verpufft der starre 20-Cent-Rabatt, während eine Mehrwertsteuersenkung auf sieben Prozent die Leute automatisch stärker entlastet und wenig Bürokratie erfordert.“
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) forderte ebenfalls eine Senkung der Steuern auf Benzin und Diesel und zudem eine höhere Pendlerpauschale bereits ab dem ersten Kilometer. Um der „kriegerischen Aggression“ von Russlands Staatschef Wladimir Putin eine entschlossene Sanktionspolitik entgegenzusetzen, „brauchen wir Akzeptanz bei uns“, sagte Wüst der „Welt“.
Der Zentralverband des Tankstellengewerbes (ZTG) stellte sich gegen Lindners Vorschlag, Autofahrer mithilfe eines Rabatts auf Benzin zu entlasten. Dies wäre „eine hochbürokratische Maßnahme, umso mehr, wenn damit tatsächlich gemeint sein sollte, dass jede Tankstelle dafür auch noch die jeweiligen Tankquittungen beim Finanzamt einreichen muss“, sagte ZTG-Geschäftsführer Jürgen Ziegner dem „Handelsblatt“.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Florian Toncar (FDP), brachte im Sender Bild Live neben einem Tank-Rabatt für Autofahrer auch einen Rabatt für Heizkosten ins Gespräch. Der Rabatt lasse sich schneller umsetzen als Steuersenkungen, sagte er. Das Finanzministerium rechne mit Kosten durch die Maßnahme von 1,5 Milliarden Euro im Monat. Der Rabatt solle für drei Monate gewährt werden.
Der Fachdienst „Tagesspiegel Background“ berichtete unter Berufung auf eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey, dass sich 68 Prozent Befragten klar für eine Spritpreisbremse aussprachen. Neun Prozent waren demnach „eher dafür“. Dagegen votierten 15 Prozent der Befragten, acht Prozent waren unentschieden.