Internationaler Strafgerichtshof kündigt Untersuchung zu Kriegsverbrechen in Ukraine an

Internationaler Strafgerichtshof (IStGH) - Bild: OSeveno, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Internationaler Strafgerichtshof (IStGH) - Bild: OSeveno, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wird der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) mutmaßlichen Kriegsverbrechen nachgehen. Der Chefankläger des Haager Gerichtshofs, Karim Khan, kündigte an, „so schnell wie möglich eine Untersuchung zur Situation in der Ukraine“ einzuleiten. Der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell verurteilte die russischen Attacken auf das Zentrum der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw am Dienstag und nannte die „russischen Bombenangriffe auf zivile Einrichtungen in Charkiw“ einen Verstoß „gegen das Kriegsrecht“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von „Kriegsverbrechen“.

IStGH-Chefankläger Khan sagte am Montag, es gebe „plausible Gründe“ für die Annahme, dass seit 2014 in der Ukraine „sowohl mutmaßliche Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden“. Angesichts der „Ausweitung des Konflikts“ in der Ukraine werde die Untersuchung „auch alle neuen mutmaßlichen Verbrechen umfassen, die in den Zuständigkeitsbereich meines Amtes fallen und von einer Konfliktpartei in irgendeinem Teil des ukrainischen Staatsgebiets begangen wurden“, sagte Khan weiter.

2014 hatte in der Ostukraine der Konflikt zwischen pro-russischen Separatisten und der ukrainischen Armee begonnen. In der vergangenen Woche erkannte Russland die Unabhängigkeit der von den Separatisten ausgerufenen „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk an. Kurz darauf marschierte Russland in die Ukraine ein. Die damalige IStGH-Chefanklägerin Fatou Bensouda hatte bereits im Dezember 2020 mutmaßliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine beklagt.

Die Ukraine wirft Russland Angriffe auf zivile Ziele vor. Bei der Bombardierung des Zentrums der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw am Dienstag sind nach Angaben von Rettungskräften mindestens zehn Menschen getötet worden. Mehr als 20 weitere seien verletzt worden, teilten die ukrainischen Rettungsdienste mit. Charkiws Bürgermeister Ihor Terechow sprach von einem „Vernichtungskrieg“ Russlands gegen die Zivilbevölkerung.

Der Gouverneur der Region um Charkiw, Oleg Sinegubow, veröffentlichte ein Video mit Bildern einer Explosion. „Heute hat unser Feind heimtückisch damit begonnen, das Stadtzentrum von Charkiw sowie Wohnviertel zu bombardieren“, sagte er dazu.

„Die russischen Bombenangriffe auf zivile Einrichtungen in Charkiw verstoßen gegen Kriegsrecht“, schrieb der EU-Außenbeauftragte Borrell am Dienstag auf Twitter. Die EU stehe „in diesen dramatischen Momenten an der Seite der Ukraine“.

Der ukrainische Präsident Selenskyj verurteilte den russischen Beschuss als „Kriegsverbrechen“. „Das ist Staatsterrorismus von Seiten Russlands“, sagte er in einer Videobotschaft auf Telegram.

Auch die britische Regierung warnte am Dienstag, dass der russische Präsident Wladimir Putin und seine Befehlshaber in der Ukraine wegen Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgt werden könnten. Bei einem Besuch in Polen verurteilte Premierminister Boris Johnson Putins „barbarische, wahllose“ Taktik gegen ukrainische Zivilisten.

Großbritannien und seine Verbündeten würden geduldig sein, um die Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen, sagte der britische Justizminister Dominic Raab, ein ehemaliger Staatsanwalt für Kriegsverbrechen. Er verwies auf die lange Zeit der Aufarbeitung der Kriege der 1990er Jahre im ehemaligen Jugoslawien. Für Putin, russische Generäle und Soldaten bestehe „ein sehr reales Risiko, dass sie auf der Anklagebank eines Gerichts in Den Haag landen“, fügte er in der BBC hinzu.

Der im niederländischen Den Haag ansässige Internationale Strafgerichtshof ahndet Verbrechen wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er nahm seine Tätigkeit 2002 auf. Seine Urteile sind bindend, das Gericht kann die Umsetzung der Entscheidungen aber nicht erzwingen.

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