Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Rückkehr zu normalen Beziehungen mit Russland für unmöglich, solange Präsident Wladimir Putin dort an der Macht ist. „Es wird unter Putin keine Rückkehr zur Normalität geben“, sagte Steinmeier am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Putin habe sich zu einem „eingebunkerten Kriegstreiber“ entwickelt. Ob Russland eine Zukunft in Europa habe, könne er momentan nicht sagen, sagte Steinmeier. Die Politik des Ausgleichs habe nicht zum Erfolg geführt.
Steinmeier wiederholte in dem Fernsehinterview das Eingeständnis eigener Fehler in der Russland-Politik, das er am Vortag in einem Pressegespräch – ohne Kameras – abgegeben hatte. „Das wirklich Traurige ist, dass wir in vielen Punkten gescheitert sind“, sagte Steinmeier. Dies betreffe das Bemühen, Russland einzubinden in eine europäische Sicherheitsarchitektur und auf dem Weg zu demokratischen Verhältnissen zu unterstützen.
Weiter sagte der Bundespräsident: „Es war eine Fehleinschätzung, dass wir – und auch ich – gedacht haben, dass auch ein Putin des Jahres 2021 am Ende nicht den totalen politischen, wirtschaftlichen und moralischen Ruin des Landes hinnehmen würde für seinen imperialen Wahn.“
Steinmeier räumte ein, dass seine Bemühungen in seinem früheren Amt als Bundesaußenminister, ein friedvolles Verhältnis mit Russland aufzubauen, gescheitert seien. „Wir haben es nicht geschafft, die Entwicklung aufzuhalten, die jetzt eingetreten ist und die sich jetzt in diesem Krieg entladen hat“, sagte der Bundespräsident.
„Die Warnungen von unseren osteuropäischen Partnern hätten wir ernster nehmen müssen“, sagte Steinmeier. Insbesondere das Festhalten Deutschlands am deutsch-russischen Pipeline-Projekt Nord Stream 2 sei ein Fehler gewesen, „weil es uns viel Glaubwürdigkeit bei unseren europäischen Partnern gekostet hat“.
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, wertete Steinmeiers Fehlerbekenntnis als „ersten Schritt“. Im Deutschlandfunk fügte Melnyk allerdings hinzu: „Für uns ist wichtig, dass jetzt diesen Aussagen Taten folgen, und diese Taten fehlen.“
Er würde sich wie viele seiner Landsleute wünschen, „dass der Bundespräsident jetzt nicht nur diese Reue zeigt, sondern dass er auch von der Bundesregierung als Staatschef verlangt, die Lehren zu ziehen aus dem Massaker von Butscha, aus anderen Gräueltaten“, sagte Melnyk. Zu diesen Lehren müsse ein Energieembargo gegen Russland zählen sowie die Bereitschaft, der Ukraine schwere Waffen wie Panzer und Artilleriesysteme zu liefern.
Der ukrainische Diplomat hatte den Bundespräsidenten in den vergangenen Wochen immer wieder in ungewöhnlich scharfem Ton kritisiert und ihm eine zu große Nähe zu Russland unterstellt.