Flüchtlinge aus Ukraine sollen mehr Unterstützung vom Bund bekommen

Olaf Scholz - Bild: Bundesregegierung/Bergmann
Olaf Scholz - Bild: Bundesregegierung/Bergmann

Bei der Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine schlägt der Bund einen neuen integrationspolitischen Weg ein: Die Ankommenden aus der Ukraine sollen ab dem 1. Juni automatisch Anspruch auf Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II erhalten, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstagabend nach Beratungen mit den Länderchefinnen und -chefs sagte. Die Ukraine-Flüchtlinge bekommen damit Zugang etwa zur Betreuung durch die Jobcenter und zu Sprachkursen. Darüber hinaus unterstützt der Bund die Länder mit einer Milliarden-Pauschale bei der Unterbringung und Integration.

Mit der Bund-Länder-Entscheidung erhalten die Flüchtlinge aus der Ukraine mehr finanzielle Unterstützung und bessere Möglichkeiten zur Teilhabe als etwa Asylbewerber vor der Anerkennung ihres Asylantrags. Die Ankommenden aus der Ukraine werden mit dem Beschluss anerkannten Asylbewerbern gleichgestellt.

Scholz sprach von einer „sehr weitreichenden Entscheidung“. Diese sei „vorbildhaft“ dafür, wie das Land künftig mit den Geflohenen aus der Ukraine umgehen solle. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sprach von einem „Quantensprung“. Deutschland gehe damit „integrationspolitisch einen großen Schritt in die richtige Richtung“.

Scholz wies den Eindruck zurück, dass der Bund-Länder-Beschluss auf eine Bevorzugung der Geflohenen aus der Ukraine hinauslaufe und eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Flüchtlingen hierzulande schaffe. Der Kanzler verwies darauf, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer bereits jetzt nach geltender Rechtslage einen Aufenthaltsstatus in Deutschland besäßen – und damit anerkannten Asylbewerbern gleichgestellt seien. „Es gibt keine Ungleichbehandlung“, sagte er.

Die bisherige Praxis sieht vor, dass Geflüchtete aus der Ukraine als anerkannte Kriegsflüchtlinge noch unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Damit stehen etwa einem Alleinstehenden pro Monat 367 Euro zu. Der Hartz-IV-Satz für erwerbsfähige Ukrainerinnen und Ukrainer läge hingegen bei 449 Euro im Monat.

Scholz hob hervor, dass die nun gefundene Regelung nicht unbedingt das Recht auf freie Wohnortwahl für die Geflohenen bedeute. Das Sozialgesetzbuch II sehe bereits jetzt vor, „dass man für den Leistungsbezug auch eine Wohnsitzauflage akzeptieren muss“, sagte der Kanzler.

Der Bund sagte den Ländern als zusätzliche Unterstützung für dieses Jahr eine pauschale Zahlung von zwei Milliarden Euro zu. Die Hälfte davon ist dem gemeinsamen Beschlusspapier zufolge für Kosten „etwa für die Kinderbetreuung und Beschulung sowie Gesundheits- und Pflegekosten“ gedacht.

Mit 500 Millionen Euro aus der Pauschale sollen die Kommunen bei den Kosten der Unterkunft der Geflüchteten aus der Ukraine unterstützt werden – ohnehin übernehme der Bund „den größten Teil“ der Unterbringungskosten, sagte Scholz. Weitere 500 Millionen Euro sollen die Länder für Kosten erhalten, die bisher schon für die Versorgung der Flüchtlinge angefallen sind.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) begrüßte die Einigung zwischen Bund und Ländern zur Aufteilung der Kosten. „Insgesamt haben wir einen vertretbaren Kompromiss zur Verteilung der finanziellen Verantwortung gefunden“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz. Die Hilfe für die Flüchtlinge aus der Ukraine sei eine „nationale Aufgabe“, deshalb müssten Bund, Länder und Kommunen zusammenarbeiten.

Manche Länder hätten sich mehr gewünscht, sagte Wüst. Nicht nur die Unterbringung, auch die Integration von Kindern in Schulen und Kitas oder die Betreuung alter Menschen koste Geld. Wichtig sei den Ländern daher eine Anschlussregelung für Flüchtlinge, die noch nach Deutschland kommen werden. Dazu sei die Bundesregierung bereit, betonte Wüst.

Dem Beschuss zufolge wollen Bund und Länder Anfang November eine Regelung für das Jahr 2023 vereinbaren. Bei einer „signifikanten Veränderung der Lage“ können dem Beschluss zufolge auch für das laufende Jahr „ergänzende Regelungen“ getroffen werden. Scholz räumte nach dem Spitzentreffen ein, er könne „keine realistische Abschätzung“ zu der Frage abgeben, wie viele Menschen noch aus der Ukraine kommen werden.

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