Angriffslustiger Präsident treibt Rechtspopulistin Le Pen in die Defensive

Emmanuel Macron - Bild: Alexandre Gamet/CC BY-ND 2.0
Emmanuel Macron - Bild: Alexandre Gamet/CC BY-ND 2.0

Nach seinem Wahlkampf auf Sparflamme ist beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron kurz vor der entscheidenden Runde der Präsidentschaftswahl der Kampfgeist erwacht. Im einzigen Fernsehduell am Mittwoch Abend griff er die Rechtspopulistin Marine Le Pen mehrfach an und nahm es in Kauf, überheblich zu wirken – ein Image, das er zuvor vergeblich zu korrigieren versucht hatte. Dennoch fanden ihn am Ende in einer Umfrage 59 Prozent der Zuschauer überzeugender.

Le Pen blieb deutlich gelassener als bei ihrem ersten Zusammentreffen in dieser Form 2017. Zwar wirkte ihr Lächeln etwas künstlich, aber sie verlor nicht die Fassung wie vor fünf Jahren, als sie verzweifelt in ihren Papieren kramte und den Faden verlor.

Ob die beiden Rivalen mit ihren längst bekannten Positionen noch unentschlossene Wähler für sich gewinnen konnten, wird sich am Sonntag in der Stichwahl zeigen. Macron dürfte es freuen, dass am Donnerstag Bundeskanzler Olaf Scholz sowie der spanische und portugiesische Regierungschef, Pedro Sánchez und António Costa, in einem ungewöhnlichen Schritt gemeinsam zu seiner Wahl aufgerufen haben.

Peinlich wirkte es, als Le Pen eine im Großformat ausgedruckte Twitterbotschaft von 2014 in die Kameras hielt, um ihre Unterstützung einer unabhängigen Ukraine zu belegen. „Madame Le Pen! Madame Le Pen!“ rief Macron immer wieder genervt, wenn die Rechtspopulistin ihre Positionen verteidigte.

Es ist das dritte Mal, dass ein Familienmitglied der Le Pens in die entscheidende Runde der französische Präsidentschaftswahl gekommen ist. Als dies 2002 überraschend dem Parteigründer Jean-Marie Le Pen gelungen war, ging noch ein Aufschrei durch das Land. Der damalige Amtsinhaber Jacques Chirac verweigerte sich einer Debatte, weil er mit einem Rechtsextremen nicht diskutieren wollte.

Damals gewann Chirac noch mit 82 Prozent – Macron kann nach Umfragen gerade mal mit 56 Prozent rechnen. Dass Le Pen Präsidentin wird, gilt dennoch als wenig wahrscheinlich. 2027 wird möglicherweise ihre Nichte Marion Maréchal ihren Platz einnehmen, ein weiteres Mitglied des Le Pen-Clans.

Während der Debatte kam es immer wieder zum Schlagabtausch zwischen den beiden Kandidaten. „Ich bin eben nicht wie Sie“, betonte Le Pen, und Macron schnappte zurück: „Gut, dass Sie das noch mal in Erinnerung rufen.“

Erwartungsgemäß hielt der Präsident Le Pen die Kredite russischer Geldgeber für ihre Partei vor. „Sie hängen von Russland und vom russischen Präsidenten ab“, sagte Macron, der ihr auch vorwarf, als eine der ersten westlichen Politikerinnen die russische Annexion der Krim anerkannt zu haben.

Le Pen zeichnete ein Frankreich-Bild in den schwärzesten Farben, bedroht von illegalen Einwanderern, Islamisten und finanziellen Sorgen. „Da wird Benzin aus Autos abgepumpt, es werden Tiere, Dünger und Ernten gestohlen“, beklagte sie. Die „Barbarei“ sei inzwischen auch in den ländlichen Gegenden angekommen.

Dem „Mozart der Finanzen“, wie sie Macron spöttisch nannte, warf sie eine „schlechte Wirtschaftsbilanz und eine noch schlimmere soziale Bilanz“ vor. „Ich weiß ja nicht, ob sie da von McKinsey beraten wurden“, bemerkte sie an anderer Stelle, eine Anspielung auf die umstrittenen Beratungsfirmen im Dienst des Elysées.

Bei den Zuschauern wird am ehesten die Debatte um das Tragen von Kopftüchern im öffentlichen Raum hängen bleiben. Le Pen will dies im Fall ihres Wahlsiegs verbieten – was sie aber nicht davon abgehalten hatte, sich während des Wahlkampfs wiederholt neben Kopftuch tragenden Frauen auf Selfies ablichten zu lassen.

Zweieinhalb Stunden dauerte die Debatte, in der den beiden Moderatoren lediglich die Rolle von Stichwortgebern und Zeitmessern zukam. „Reine Zeitverschwendung“, kommentierte der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon anschließend auf Twitter.

„Ein Hoch auf die dritte Runde“, fügte er hinzu – eine Anspielung auf die Parlamentswahl im Juni. Falls Macron eine zweite Amtszeit bekommt, besteht das Risiko, dass er dann seine bisherige Regierungsmehrheit verlieren könnte.

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