Auch in diesem Jahr haben etliche Firmen den gesetzlichen Mindestlohn oder Branchenmindestlöhne nicht eingehalten – die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Zollverwaltung leitete bis Ende November über 3000 Ermittlungsverfahren dazu ein, wie am Donnerstag bekannt wurde. Besonders betroffen war die Baubranche. Aus der SPD und von Seiten der Gewerkschaft IG BAU kamen angesichts der geplanten Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro Forderungen nach strikteren Kontrollen.
Das Bundesfinanzministerium gab Zahlen der FKS auf Anfrage des baupolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Bernhard Daldrup, heraus. Demnach leitete die Finanzkontrolle bis Ende November dieses Jahres 3083 Ermittlungsverfahren ein und verhängte 12,5 Millionen Euro an Bußgeldern. Allein auf Baustellen wurden in dem Zeitraum 816 Fälle von Mindestlohnbetrug aufgedeckt, gegen die Betriebe wurden Strafen in Höhe von 3,88 Millionen Euro verhängt.
Der gesetzliche Mindestlohn war zum 1. Januar 2021 auf 9,50 Euro und im Juli dieses Jahres noch einmal auf 9,60 Euro gestiegen. Zum Jahreswechsel steigt er erneut – auf diesmal 9,82 Euro pro Stunde. Zum Juli 2022 folgt die nächste Erhöhung auf 10,45 Euro. Allerdings hat die Ampel-Koalition bereits angekündigt, den Mindestlohn in einem einzigen Schritt auf zwölf Euro anzuheben.
Das Risiko, bei Verstößen ertappt zu werden, sei „offenbar für zahlreiche Arbeitgeber zu gering“, erklärte Daldrup. „Bundesarbeits- und Bundesfinanzministerium dürfen bei den Kontrollen im Zuge der Erhöhung des Mindestlohns keinesfalls nachlassen – im Gegenteil, sie müssen die Kontrollen verschärfen“, sagte er zudem den Funke Zeitungen.
Gerade vor dem Hintergrund eines Mindestlohns von zwölf Euro seien „effektivere Kontrollen unverzichtbar“, fuhr der SPD-Politiker fort. Dazu gehörten auch mehr Personal bei der FKS und eine „deutlichere Erhöhung der Bußgelder“. Gute Löhne seien zudem das beste Mittel, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Der Chef der Gewerkschaft IG BAU, Robert Feiger, äußerte sich ähnlich. „Notwendig ist ein deutlich höherer Kontrolldruck“, erklärte er. Sobald der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro steige, werde es 7,2 Millionen Menschen geben, die davon profitierten. „Das bedeutet dann aber auch, dass es 7,2 Millionen Lohntüten zusätzlich gibt, auf die der Staat ein Auge werfen muss.“
Bleibe es bei der bisher gelebten Kontrollaktivität, „dann kann man bald bestenfalls nur noch von ‚Placebo-Kontrollen‘ mit definiertem Minimal-Risiko für Arbeitgeber sprechen“, warnte Feiger. Der Gewerkschafter sitzt in der paritätisch besetzten Mindestlohnkommission, die den Lohn regelmäßig prüft und anpasst.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte die Ampel-Koalition unterdessen auf, die Anhebungspläne zügig im kommenden Jahr umzusetzen. Im üblichen Verfahren der Mindestlohnkommission würde der Betrag von zwölf Euro erst Ende des Jahrzehnts erreicht werden, warnte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. „Darauf können die Menschen, die zu Niedriglöhnen arbeiten, aber nicht warten“. Ein armutsfester Mindestlohn sei überfällig.