In der Debatte um Quarantäne-Ausnahmen für Dreifach-Geimpfte hat sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund für flexible Regelungen im Bereich der kritischen Infrastrukturen ausgesprochen. Im Fall von infizierten Geboosterten ohne Krankheitssymptome, die in zentralen Bereichen arbeiteten, halte er den Verzicht auf eine Quarantäne „für einen vernünftigen Weg“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg am Montag in Berlin.
Bund und Länder sollten sich auf entsprechende Vorgehensweisen verständigen, da unklar sei, wie sich der Krankenstand in den kommenden Wochen entwickeln werde, sagte Landsberg. Derzeit sei die Lage „nicht dramatisch“, alle Aufgaben könnten erfüllt werden.
Kern der Regelung sollte Landsberg zufolge eine Verlagerung der Entscheidung über Quarantänemaßnahmen im Bereich der kritischen Infrastruktur auf die Verantwortlichen vor Ort sein. Als Beispiel nannte er einen symptomlos mit Omikron infizierten Mitarbeiter eines Wasserwerks, der allein im Steuerungsstand einer Kläranlage arbeite. In derartigen Fällen sollte entschieden werden können, dass der Betroffene trotzdem weiter zur Arbeit erscheinen könne.
Angesichts einer erwarteten starken Ausbreitung von Infektionen durch die Omikron-Variante des Coronavirus wächst in Deutschland die Sorge vor Ausfällen im Bereich der sogenannten kritischen Infrastrukturen, falls zahlreiche Beschäftigte dort erkranken. Das befeuert eine Debatte um Lockerungen bei Quarantänemaßnahmen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte darüber hinaus eine frühzeitige Planung einer vierten Impfkampagne in Erwartung einer fünften Coronawelle. Impfungen seien die „Schlüsselfrage“ bei der langfristigen Bewältigung der Pandemie, sagte Verbandspräsident Ralph Spiegler am Montag in Berlin vor Journalisten. Dafür sei es auch erforderlich, zusätzliche weitere Impfzentren zu reaktivieren. Auch über Priorisierungen müsse beraten werden.
Mit Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und Störungen in den globalen Lieferketten sprach sich der kommunale Spitzenverband für einen zweiten finanziellen „Rettungsschirm“ für Städte und Gemeinden aus. Bund und Länder müssten Ausfälle bei der Gewerbe- und Einkommensteuer ausgleichen, erklärten Spiegler und Landsberg. Ansonsten könnten die Kommunen ihre Rolle als Investitionsmotoren etwa auch beim Klimaschutz nicht spielen.
Nach Angaben von Spiegler schlossen die Städte und Gemeinden in Deutschland das zurückliegende Jahr mit einem Defizit von mehr als neun Milliarden Euro ab. In diesem Jahr drohe eine Verlust in ähnlicher Höhe, sofern die wirtschaftliche Erholung im laufenden Jahr nicht wie erhofft in Fahrt komme, sagte Spiegler, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nieder-Olm in Rheinland-Pfalz ist. Insgesamt sei die Finanzlage der deutschen Kommunen „nicht sehr ermutigend“.