US-Präsident Joe Biden hat in seinen Bemühungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie einen herben Rückschlag erlitten: Der Oberste Gerichtshof des Landes blockierte am Donnerstag die von der Biden-Regierung verhängten Corona-Impfvorgaben für große Unternehmen. Der Supreme Court in Washington urteilte, die Behörden hätten ihre Kompetenzen mit der Impf- oder Testpflicht für Unternehmen mit mehr als hundert Beschäftigten überschritten.
Biden kritisierte den Beschluss des konservativ dominierten Verfassungsgerichts umgehend. „Ich bin enttäuscht, dass der Supreme Court sich entschlossen hat, lebensrettende Vorgaben für Beschäftigte großer Unternehmen zu blockieren, die dem gesunden Menschenverstand entsprechen und sowohl auf der Wissenschaft als auch dem Gesetz fußen“, erklärte der Präsident. Er rief Arbeitgeber auf, nun selbst eine Impfpflicht zu erlassen, wie es viele große Unternehmen bereits getan haben.
Der prominente Mediziner Ashish Jha von der Brown-Universität bezeichnete die Entscheidung der Verfassungsrichter ebenfalls als „sehr enttäuschend“. „Diese Entscheidung wird mehr Leid, mehr Tote und mehr überlastete Krankenhäuser bedeuten“, schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Bidens Vorgänger Donald Trump dagegen zeigte sich „stolz“ auf den Obersten Gerichtshof. „Der Supreme Court hat gesprochen und bestätigt, was wir alle wussten: Bidens verheerende Mandate sind verfassungswidrig“, erklärte der Republikaner.
Biden hatte mit den Impfvorgaben für Millionen Beschäftigte die Zahl der Menschen erhöhen wollen, die sich impfen lassen. Große Unternehmen sollten demnach sicherstellen müssen, dass ihre Mitarbeiter vollständig geimpft sind oder sich ein Mal pro Woche testen lassen. Ansonsten sollten Geldstrafen für die Unternehmen drohen.
Dies hätte – geimpfte Beschäftigte eingerechnet – rund 84 Millionen Angestellte betroffen. Die Regierung argumentierte, die Maßnahme würde mehr als 250.000 Krankenhauseinweisungen und tausende Todesfälle verhindern.
Die Biden-Regierung verfügte auch, dass Mitarbeiter von Pflegeheimen und Krankenhäusern, die über die staatlichen Krankenkassen Medicare und Medicaid versicherte Patienten behandeln, sich vollständig impfen lassen müssen. Hier gibt es nicht die Möglichkeit, sich ersatzweise regelmäßig testen zu lassen. Die Maßnahme betrifft nach Angaben der Biden-Regierung rund 17 Millionen Mitarbeiter des Gesundheitssektors in landesweit rund 76.000 Einrichtungen.
Diese Maßnahme wurde am Donnerstag von den Verfassungsrichtern gebilligt. Biden begrüßte dies und erklärte, der Beschluss werde „Leben retten“.
Mit mehr als 845.000 Corona-Toten sind die USA das Land mit der höchsten registrierten Todeszahl weltweit. Trotzdem sind in dem Land bislang lediglich 62,7 Prozent der Gesamtbevölkerung gegen das Coronavirus geimpft. Das ist deutlich weniger als beispielsweise in Deutschland. Impfungen sind ebenso wie das Tragen von Schutzmasken in den USA politische Streitthemen. Die oppositionellen Republikaner betrachten eine Impfpflicht als Angriff auf die individuellen Freiheitsrechte.
Die Entscheidung des Supreme Court bedeutet für Biden die zweite politische Niederlage binnen eines Tages. Zuvor hatten zwei demokratische Senatoren deutlich gemacht, dass sie sich einer von dem Präsidenten angestrebten Änderung einer wichtigen Senatsregel widersetzen werden. Damit hat Biden so gut wie keine Aussichten mehr, die als Filibuster bekannte Abstimmungsregel abzuschwächen, um zwei Wahlreformgesetze durch den Kongress zu bekommen.