Wenn der Weltklimarat IPCC im neuen Teil seines Sechsten Sachstandsberichts die Folgen der Erderwärmung für Mensch und Natur darlegt, sind das keine abstrakten Warnungen. Weltweit nehmen durch den menschengemachten Klimawandel Wetterextreme wie Stürme und Dürren an Häufigkeit und Intensität zu. Teile Portugals und Spaniens leiden derzeit an extremer Trockenheit. Schon im Winter ist nicht mehr genug Wasser für den Tourismus, die Landwirtschaft und die Stromerzeugung da.
In Zentralportugal hat die anhaltende Dürre die Ruinen eines Dorfes freigelegt, das durch den Bau eines großen Staudamms seit fast 70 Jahren vollständig unter Wasser lag. „Das habe ich noch nie gesehen“, sagt der 76-jährige Carlos Perdigão, als er auf die verfallenen Steinhäuser von Vilar blickt, die 1954 durch Stauung des Zêzere-Flusses überschwemmt wurden.
Normalerweise sind die Winter in Portugal und im Nachbarland Spanien relativ regenreich. Doch die beiden Länder haben nach Angaben ihrer Wetterdienste den zweittrockensten Januar seit dem Jahr 2000 hinter sich. Die aktuelle Dürre sei außergewöhnlich wegen „ihrer Intensität, ihres Ausmaßes und ihrer Länge“, sagt der Klimawissenschaftler Ricardo Deus von der portugiesischen Meteorologiebehörde IPMA.
Von den 55 portugiesischen Stauseen sind laut dem Copernicus-Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union derzeit 24 nur zur Hälfte und fünf nicht einmal zu 20 Prozent gefüllt. Die Algarve, Portugals südlichste Provinz und eines der beliebtesten Reiseziele Europas, ist mit am stärksten von der Dürre betroffen.
Anfang Februar wies Portugal fünf seiner Wasserkraftwerke an, die Stromerzeugung auszusetzen, damit genügend Wasser für die Bevölkerung übrig bleibt. Üblicherweise werden nahezu 30 Prozent des Stroms in Portugal aus Wasserkraft gewonnen.
In Spanien ging laut Wetterdienst Aemet im Januar nur ein Viertel der sonst üblichen Regenmenge nieder. Die Trockenheit, die Ende 2021 begann, ruiniert die Ernten, lässt das Viehfutter knapp werden und behindert die Stromerzeugung aus Wasserkraft. Landwirtschaftsminister Luis Planas erklärte, die Regierung sei angesichts der Dürre beunruhigt und werde je nach Entwicklung „notwendige Maßnahmen“ ergreifen. Spaniens Wasserspeicher sind nach Behördenangaben derzeit nicht einmal zu 45 Prozent gefüllt, wobei die Touristenregionen Andalusien im Süden und Katalonien im Nordosten am schwersten betroffen sind.
Beunruhigt sind auch die Bauern auf der Iberischen Halbinsel. „Schaut, es wächst kein Gras mehr, um die Tiere zu füttern“, sagt der Käseproduzent Estêvão, der nahe der zentralportugiesischen Kleinstadt Pampilhosa da Serra lebt. „Wenn es in den nächsten Tagen nicht regnet, wird es sehr schwierig.“
Der ausbleibende Regen gefährdet auch die Bemühungen der Stadt, Touristen mit einem im Zêzere-Fluss schwimmenden Pool ins Landesinnere zu locken. Wegen der Dürre liegt der Pool nun im trockenen Flussbett. „Für uns ist es eine Katastrophe“, sagt Bürgermeister Henrique Fernandes Marques. 2017 wurde das gleiche Gebiet von Waldbränden verwüstet, die auf den ausgedörrten Feldern und in Wäldern wüteten und mehr als 100 Menschen töteten.
Wissenschaftler erwarten mit steigenden Temperaturen häufigere und intensivere Dürreperioden, die klimatisch anfälligere Regionen belasten und das Risiko damit verbundener Naturkatastrophen erhöhen. Zwar sei der Wechsel zwischen trockenen und regenreichen Jahren in Südeuropa normal, sagt der Umweltexperte Filipe Duarte Santos von der Universität Lissabon. Doch der Anteil der regenreichen Jahre sei in jüngster Zeit zurückgegangen.
„Diese Dürren sind eine der schwerwiegendsten Folgen des Klimawandels“, sagt Duarte Santos. Seiner Einschätzung nach wird das Problem weiter bestehen, „solange die Treibhausgasemissionen nicht drastisch reduziert werden“. Auch kurzfristig gibt es für die Dürregebiete in Portugal und Spanien keine Entwarnung: Für die kommenden Wochen sind weiter unterdurchschnittliche Regenmengen vorhergesagt.