Wladimir Putin: Ehemaliger KGB-Agent mit großrussischem Machtanspruch

Wladimir Putin - Bild: Antonio Marín Segovia/CC BY-NC-ND 2.0
Wladimir Putin - Bild: Antonio Marín Segovia/CC BY-NC-ND 2.0

Dass Wladimir Putin ein knallhart kalkulierender Machtmensch ist, hat er nun einmal mehr vor den Augen der Weltöffentlichkeit unter Beweis gestellt. Binnen weniger Stunden sorgte er am Montagabend wie aus dem Autokraten-Lehrbuch für eine weitere Eskalation im Ukraine-Konflikt: Erst ließ er die Rebellenführer der selbsternannten „Volksrepubliken“ in der Ostukraine eine Bitte um Anerkennung vortragen, die er dann wenige Stunden später mit der Begründung, dies sei „längst überfällig“, positiv beschied. Kurz darauf verkündete er die Entsendung russischer Truppen – zum „Friedenserhalt“ in die Separatisten-Gebiete.

Dass die Soldaten bereits an den Grenzen zur Ukraine stehen, dafür hat der ehemalige KGB-Agent, der die Geschicke Russlands seit der Jahrtausendwende bestimmt, bereits seit Wochen gesorgt. Nach westlichen Angaben sind es mehr als 150.000 – viele treibt daher die Sorge um, Russland könne sich womöglich die ganze Ukraine einverleiben. Die Halbinsel Krim hatte Putin bereits 2014 annektiert, genauso lange kämpfen pro-russische Separatisten und ukrainische Soldaten im Donbass.

Was Putin von der Eigenständigkeit der ehemaligen Sowjetrepublik Ukraine hält, bekräftigte er am Montag in seiner rund einstündigen TV-Ansprache noch einmal: Die Ukraine sei zu Sowjetzeiten hauptsächlich aus russischem Gebiet quasi aus dem Boden gestampft worden. „Die heutige Ukraine wurde vollständig und gänzlich vom bolschewistischen und kommunistischen Russland geschaffen“, sagte er.

Ukrainische Soldaten verübten einen „Genozid an vier Millionen Menschen“ in den Separatisten-Gebieten, behauptete der für seine Macho-Posen bekannte Putin, der bereits Artikel über die „historische Einheit von Russen und Ukrainern“ schrieb. Er forderte die „sofortige“ Einstellung aller militärischen Aktivitäten im Osten des Landes. Andernfalls werde Kiew „die gesamte Verantwortung für die mögliche Fortdauer des Blutvergießens“ tragen.

Der aus einem Arbeiterhaushalt stammende 69-Jährige glaubt, dass die Ukrainer eher pro-russisch sind und alle anderen Tendenzen wie die Demokratiebewegungen Ergebnis von Manipulationen des Westens sind. Aus Sicht des Kremls diene ein Angriff auf die Ukraine der „Befreiung von einem ausländischen Besatzer“, sagt die Politikexpertin Tatjana Stanowaja.

Schon vor einigen Jahren hatte Putins Ausspruch, der Zusammenbruch der Sowjetunion sei die „größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ gewesen, viele im Westen aufhorchen lassen. Wie der einst in Dresden stationierte KGB-Agent, der fließend Deutsch spricht, dürften zahlreiche Russen den Zusammenbruch des Kommunismus als Demütigung empfunden haben.

Während der 1952 im damaligen Leningrad geborene Putin spätestens mit seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 2000 den ganz großen Aufstieg geschafft hatte, blieb er dem Denken der einstigen Weltmacht dennoch verhaftet. Sein Versuch einer Annäherung an den Westen zu Beginn seiner Amtszeit – deutlich ausgedrückt in seiner Rede im Bundestag 2001, die er zu großen Teilen in fließendem Deutsch hielt – verpuffte bald.

Die über die Jahre erfolgte Ausdehnung des westlichen Militärbündnisses Nato in die ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes beunruhigen ihn nach eigener Aussage sehr. Nun fordert Putin sogar die Rücknahme der Nato-Osterweiterung und betont, mit einer möglichen Aufnahme der Ukraine wäre seine rote Linie definitiv überschritten. Beobachter sehen darin Rachegelüste, gepaart mit dem Wunsch, die Zeit zurückzudrehen.

Eine Lebensweisheit habe er aus seiner Jugend mitgenommen, erzählte der Judoka Putin 2015: „Wenn der Kampf unvermeidbar ist, muss man als Erster zuschlagen.“ Seine Lehrerin Vera Gurewitsch berichtete, als Putin im Alter von 14 Jahren einem seiner Mitschüler das Bein brach, habe er gesagt, dass manche „nur Gewalt verstehen“. Als Staatschef scheute er in der Außenpolitik denn auch nie vor militärischen Konfrontationen zurück – ob in Tschetschenien, Georgien oder später in Syrien und Libyen.

Dass er von Demokratie nichts hält, bewies Putin in seiner Karriere zur Genüge. Dem russischen Parlament entzog er zahlreiche Befugnisse, kritische Medien ließ er schließen oder auf Linie bringen. Auch mit widerspenstigen Oligarchen ging er alles andere als zimperlich um. Putin-Gegner landen regelmäßig im Gefängnis. Morde an nicht-Kreml-treuen Journalisten oder anderen Widersachern gibt es immer wieder.

Auch bei Wahlen überlässt Putin nichts dem Zufall – Berichte über massive Fälschungen zugunsten Putins und seiner Partei Geeintes Russland sind bei allen Urnengängen an der Tagesordnung. Obwohl er bereits seit zwei Jahrzehnten an der Macht ist, sicherte er sich durch eine Verfassungsänderung die Möglichkeit, bis 2036 im Amt zu bleiben.

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