Schritte gegen unliebsame Medien als Putins „zweite Front“

Vladimir Putin - Bild: Kremlin.ru, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons
Vladimir Putin - Bild: Kremlin.ru, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

Während Russlands Truppen ukrainische Städte bombardieren, gehen die russischen Behörden im eigenen Land immer vehementer gegen unabhängige Medien vor. Am Freitag stimmte das Unterhaus für drastische Haftstrafen für die Veröffentlichung von „Fake News“ über die russischen Streitkräfte. Bei Verstößen drohen damit künftig auch Bürgern aus dem Ausland Geldbußen und bis zu 15 Jahre Haft. Die russischen Behörden schränkten außerdem den Zugang zu den russischsprachigen Websites der Deutschen Welle, der BBC und anderer unabhängiger Medien ein.

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine haben die russischen Behörden ihr Vorgehen gegen unabhängige Medien noch einmal deutlich verschärft. Einige Medienschaffende sprechen bereits von einer „zweiten Front“, die der Kreml im eigenen Land eröffnet habe.

Vor kurzem waren bereits der liberale Radiosender Echo Moskwy (Moskauer Echo) und der Fernsehsender Doschd mit einem Sendeverbot belegt worden. Der russische Generalstaatsanwalt hatte die Medienaufsicht angewiesen, den Zugang zu den Medien zu blockieren, da beide „absichtlich falsche Informationen“ über den russischen Einmarsch in der Ukraine verbreitet hätten. Am Donnerstag gab Echo Moskwy daraufhin seine Schließung bekannt.

Einheimische Medien waren zuvor angewiesen worden, nur offizielle Informationen der Behörden für ihre Berichterstattung zu verwenden. Diese stellen den Angriffskrieg auf das Nachbarland lediglich als „speziellen Militäreinsatz“ zum Schutz russischsprachiger Ukrainer vor einem „Völkermord“ dar.

Schon vor der von Präsident Wladimir Putin befohlenen Invasion waren die Behörden im vergangenen Jahr in beispielloser Weise gegen unabhängige und kritische Stimmen vorgegangen. Mit dem am Freitag verabschiedeten Gesetzentwurf zu „Fake News“ zieht die russische Regierung die Daumenschrauben weiter an.

Am Wochenende hatte die Generalstaatsanwaltschaft zudem gewarnt, dass die „finanzielle, logistische, beratende oder sonstige Unterstützung“ einer ausländischen Organisation oder eines Staates für „deren Aktivitäten gegen die Sicherheit Russlands“ Hochverrat darstelle. Durch die vage Formulierung lässt sich das Gesetz in umso mehr Fällen anwenden.

„In Russland gibt es genug Gesetze, um einen Journalisten aus jedem beliebigen Grund zu verurteilen“ und Medien „auszuschalten“, hatte Medusa-Chefin Galina Timtschenko vor dem jüngsten Vorgehen der Behörden gegen ihre Website gesagt. Der „Krieg gegen die Medien“ sei „die zweite Front“ der Invasion in der Ukraine.

„Zensur findet bereits statt“, fügte sie hinzu. Die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor hatte am Samstag allen Medien die Begriffe „Angriff“, „Invasion“ oder „Kriegserklärung“ im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg untersagt. Auch alle Hinweise auf von russischen Streitkräften getötete Zivilisten wurden verboten.

Es drohe ein „Pauschalverbot“ kritischer Medien, sagte Jeanne Cavelier, Russland-Chefin der Organisation Reporter ohne Grenzen. Sie geht davon aus, dass kein einziges unabhängiges Medium in Russland überleben wird – nicht einmal die oppositionsnahe Zeitung „Nowaja Gaseta“, deren Chefredakteur Dmitri Muratow 2021 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Die Staatsmedien laufen seit Kriegsbeginn hingegen auf Hochtouren. Der als Kreml-Sprachrohr geltende Journalist Dmitri Kisseljow erklärte kürzlich in einer Sendung über die russischen Atomstreitkräfte: „Was nützt eine Welt, in der Russland nicht mehr existiert?“

Alexej Muchin, Direktor des kremlnahen Zentrums für politische Information in Moskau, bestreitet, dass russische Medien zensiert würden. „Zensur ist im Zeitalter des Internets einfach unmöglich“, sagt er. Auch von einem systematischen Vorgehen der Behörden gegen seriöse Medien könne keine Rede sein. Die Behörden seien vielmehr mit „politischen Gegnern konfrontiert, die verrückt geworden sind und sich an einem Informationskrieg beteiligen, ukrainische Propaganda verbreiten und Panik schüren“, sagt Muchin.

Medusa-Chefin Timtschenko machte sich hingegen keine Illusionen darüber, wie der Kampf des Kreml gegen kritische Medien ausgehen wird. „Ich habe den Eindruck, dass es Putins Ziel ist, nur jene zu behalten, die in seiner Gunst stehen“, sagte sie. „Der Rest wird gezwungen sein zu fliehen oder wird ausgeschaltet.“ Wenig später war die Medusa-Website nur noch eingeschränkt erreichbar.

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