Zwei Wochen nach Beginn des Ukraine-Kriegs richten sich die Blicke auf ein diplomatisches Treffen der Kriegsparteien auf höchster Ebene. Am Donnerstag sollen die Außenminister Russlands und der Ukraine, Sergej Lawrow und Dmytro Kuleba, in der Türkei Gespräche führen. Die russische Führung sprach am Mittwoch von „Fortschritten“ bei der Beilegung des Konflikts. Zuvor war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von der Forderung nach einem Nato-Beitritt seines Landes abgerückt. Der russische Angriff ging derweil unvermindert weiter, tausende Ukrainer flüchteten aus belagerten Städten.
Das russische Außenministerium erklärte, die russischen Truppen im Nachbarland hätten nicht den Auftrag, „die aktuelle Regierung zu stürzen“. Auch die Besetzung der Ukraine oder „die Zerstörung ihrer Eigenstaatlichkeit“ seien nicht das Ziel, sagte Ministeriums-Sprecherin Maria Sacharowa. Es liefen Verhandlungen mit der ukrainischen Seite, „um dem sinnlosen Blutvergießen und dem Widerstand der ukrainischen bewaffneten Truppen ein Ende zu machen“.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte sein Vorgehen gegen die Ukraine damit begründet, das Nachbarland „entmilitarisieren“ und „entnazifizieren“ zu wollen. Auch den von der Ukraine angestrebten Nato-Beitritt nannte er als Grund und verlangte einen „neutralen“ Status für das Land.
Der ukrainische Präsident Selenskyj rückte von der Forderung nach einer Nato-Mitgliedschaft seines Landes ab. Er habe seine Haltung zu dieser Frage „schon vor einiger Zeit abgemildert“, da die Nato offenbar nicht bereit sei, „die Ukraine zu akzeptieren“, sagte er. Als weiteres Zugeständnis an Moskau erklärte er sich zu einem „Kompromiss“ über den Status der Separatisten-Gebiete Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine bereit.
Die Kämpfe dauerten derweil an. In der Ostukraine wurden nach ukrainischen Angaben bei jüngsten russischen Angriffen auf die Stadt Sewerodonezk mindestens zehn Menschen getötet. In der seit Tagen umzingelten Hafenstadt Mariupol saßen tausende Zivilisten unter nach Angaben von Hilfsorganisationen „katastrophalen“ Umständen fest. In überfüllten Zügen flohen Tausende aus der bislang verschonten Schwarzmeer-Metropole Odessa.
Nachdem am Dienstag erstmals Zivilisten über einen Fluchtkorridor aus der heftig umkämpften Stadt Sumy im Nordosten der Ukraine in Sicherheit gebracht worden waren, verkündeten Kiew und Moskau die Einrichtung mehrerer weiterer Fluchtkorridore. Wie die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk mitteilte, sollte für sechs Evakuierungsrouten am Mittwoch eine zwölfstündige Feuerpause gelten.
Mehrere Versuche, sichere Fluchtrouten zu schaffen, waren zuvor fehlgeschlagen. Moskau und Kiew machten sich gegenseitig dafür verantwortlich. Russlands Außenamtssprecherin Sacharowa warf der ukrainischen Regierung erneut vor, Bemühungen zur Evakuierung von Zivilisten zu behindern.
Selenskyj bekräftigte derweil seine Forderungen nach weiteren Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen für die ukrainischen Streitkräfte, insbesondere Kampfflugzeuge. Ein Vorschlag der polnischen Regierung zur Lieferung von MiG-29-Jets über den US-Stützpunkt Ramstein sorgte für Aufsehen.
Polen will nicht als Beteiligter im russisch-ukrainischen Konflikt erscheinen – die USA wollen dies jedoch auch nicht. Washington zeigte sich daher überrascht von dem Vorschlag aus Warschau und lehnte ihn umgehend als nicht „haltbar“ ab.
Die russische Führung reagierte mit einer scharfen Warnung: Lieferungen polnischer Kampfflugzeuge durch die USA an die Ukraine seien „ein höchst unerwünschtes und potenziell gefährliches Szenario“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warnte Deutschland davor, durch unzureichende Hilfen für sein Land neue historische Schuld auf sich zu laden. Bislang habe die Bundesregierung „zu wenig getan“, schrieb Kuleba in einem Gastbeitrag für „Die Welt“. Er forderte unter anderem weitere Waffenlieferungen aus Deutschland, darunter Kampfflugzeuge.